Von Klimawandel bis Ferkelkastration

Landwirtschaft: »Agrarpolitische Brotzeit« der Bauern in Pflaumheim - Kernthemen mit Politikern besprochen

Großostheim
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Sorgen für Debatten: Jungsauen. Die Regelungen zur Ferkelkastration stellen Landwirte vor Probleme. Das Bild stammt aus einem Schweinezuchtbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern. Symbolfoto: Jens Büttner / dpa
Foto: Jens Büttner
Landwirte und Politiker im Gespräch: In Pflaumheim haben sie über die Kernanliegen der Bauernfamilien am Untermain diskutiert. Foto: Björn Friedrich
Foto: Björn Friedrich
Kli­ma­wan­del, Flächen­ver­brauch, Fer­kel­ka­s­t­ra­ti­on: Über die­se und wei­te­re The­men ha­ben Land­wir­te und Po­li­ti­ker jetzt in Pflaum­heim dis­ku­tiert.

Der bayerische Bauernverband mit seinen Vertretern Michael Roßmann und Stefan Köhler hatte zur »agrarpolitischen Brotzeit« geladen - gekommen waren rund 20 Teilnehmer. Bei der Gesprächsrunde über Kernanliegen der Bauernfamilien am Untermain war auch die Landespolitik vertreten: Martina Fehlner (SPD), Winfried Bausback, Peter Winter, Berthold Rüth, (alle CSU) und Hans-Jürgen Fahn (FW). Bis auf Winter treten alle bei der Landtagswahl am 14. Oktober wieder an. Für die Grünen war Stefan Wagener dabei, der um ein Landtagsmandat im Stimmkreis Aschaffenburg-West kämpft.

Nicht gegeneinander ausspielen

Die bäuerliche Landwirtschaft müsse gerade in Zeiten des Klimawandels unterstützt werden, das Auskommen von Bauernfamilien müsse sicher sein - darin waren sich die Politiker einig. Man dürfe ökologische und konventionelle Landwirtschaft nicht gegeneinander ausspielen, hieß es.

Konsens bei den Politikern auch beim Thema Flächenverbrauch: Man müsse beispielsweise dringend einen Ausgleich schaffen zwischen Flächen, die in der Landwirtschaft benötigt werden, und dem anstehenden Wohnungsbau. Auch bei Flächen, die für ökologische Ausgleichsmaßnahmen (etwa für Gewerbegebiete) herangezogen werden, müsse man die Landwirtschaft besser einbinden.

Wer regionale Lebensmittel wolle, müsse davon ausgehen, dass Höfe größer und dort mehr Tiere gehalten werden, so Josef Schiepeck, Bauernobmann im Kreis Miltenberg. Denn: »Immer mehr kleine Betriebe hören auf.« Betont wurde, man müsse die Voraussetzungen schaffen, damit kleinere Höfe auch wirtschaftlich arbeiten und überleben können.

Nächstes Thema: Ferkelkastration. Die Politik habe keine Lösung vorgelegt, wie die Bauern bei der Ferkelkastration vorgehen sollen, kritisierte Guido Steinel, Landwirt und Tierarzt. Hintergrund: Die Kastration männlicher Ferkel ist ab 1. Januar 2019 ohne Betäubung und Schmerzausschaltung in Deutschland verboten. Ein Antrag des Freistaats Bayern, das Verbot zu verschieben, fand jetzt im Bundesrat keine Mehrheit. Steinel: »Es muss eine klare EU-weite Regelung her.«

Bei dem Treffen verwiesen Bauern etwa auf die Konkurrenz aus Dänemark. Dort dürften Landwirte ihre Ferkel selbst betäuben, kastrieren und entsprechend verkaufen. Hierzulande seien Betäubung und Kastration durch den Landwirt nicht erlaubt. Nicht zuletzt durch diesen Wettbewerbsnachteil drohe Höfen mit Ferkelerzeugung, so das Fachwort, in Deutschland das wirtschaftliche Aus.

Seit Jahren werde über die Ferkelkastration diskutiert - ohne etwas Konkretes erreicht zu haben, so die Kritik der Landwirte. Die Große Koalition in Berlin müsse nun bis 9. Oktober eine gesetzliche Lösung vorlegen, wurde mitgeteilt. Dann sei der Bundestag gefragt. Beim Landwirtschaftstreffen ging man davon aus, dass es dann (doch) eine dreijährige Fristverlängerung geben wird. Genannt wurden in diesem Zusammenhang Zahlen zur »Ferkelerzeugung in Bayern«: 60 Prozent der Tiere kommen aus dem Freistaat, 40 Prozent werden importiert.

Lydia Rüth, stellvertretende Miltenberger Kreisbäuerin, machte die Anbindehaltung zum Thema. Dabei geht es darum, dass zum Beispiel Milchvieh im Stall an einem Platz fixiert (angebunden) ist, was in früheren Zeiten die Regel war. Bei 60 Prozent der kleinen Betriebe in Bayern gebe es nach wie vor die Anbindehaltung - meist auf Höfen mit Milchkühen in beengten Dörfern. Ein Umbau der Höfe, so dass sich die Tiere in einem Boxenlaufstall bewegen können, sei oft nicht möglich. Das Ganze sei zudem mit hohen Kosten verbunden, was sich bei kleinen Beständen nicht rechne.

Käme es zu einem Verbot der Anbindehaltung, so Lydia Rüth, müssten viele kleinere und mittlere Betriebe schließen. »Dann ging wieder ein Stück dörflicher Kultur verloren.«

Schüler zu mündigen Verbrauchern erziehen: Das forderte die Miltenberger Kreisbäuerin Monika Schuck im Namen der Landfrauen. Ihr geht es darum, dass in Bayern das Schulfach »Alltagskompetenz und Lebensökonomie« eingeführt wird - mit Inhalten der Haus- und Landwirtschaft in Theorie und Praxis, verpflichtend von Klasse eins bis zehn.

Vom Düngen der Felder über das Insektensterben bis hin zum Artenschwund: Den Bauern werde bei vielen Naturthemen die Schuld zugewiesen, beklagten die Landwirte. Dabei spielten immer mehrere Faktoren eine Rolle. Um so wichtiger sei es, dass die Bauern die Gesellschaft viel deutlicher über die Landwirtschaft aufklären.

MATTHIAS SCHWIND
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