Main-Echo Pressespiegel

Artenschutzgesetz: Obstbrenner sauer

Natur: »Enteignung« der eigenen Flächen befürchtet - Emotionale Debatte bei Gebietsversammlung in Bessenbach
Wut, Frust, Ver­un­si­che­rung: Et­li­che der 25 Obst­b­ren­ner und Land­wir­te aus den Krei­sen Aschaf­fen­burg, Mil­ten­berg und Main-Spess­art, die am Frei­ta­g­a­bend zur Ge­biets­ver­samm­lung des Frän­ki­schen Klein- und Obst­b­ren­ner­ver­bands Würz­burg ins Gast­haus Zum wei­ßen Ross nach Bes­sen­bach ge­kom­men wa­ren, mach­ten ih­rem Är­ger Luft.

Sie meinen, dass das neue Naturschutzgesetz, das aus dem Volksbegehren »Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen« resultiert, Streuobstwiesen unter einen allzu strengen Schutz stellt. So streng, dass sie befürchten, mit ihren Beständen nicht mehr nach Belieben umgehen zu können.

Für den Gebietsvertreter Wolfgang Schlett aus Stockstadt, der zu dem Treffen und Meinungsaustausch eingeladen hatte, kommt das gar einer »Enteignung« gleich. Zur Versammlung gekommen waren auch Verbandsvorsitzender Hubert Fröhlich (Gemünden) und Geschäftsführerin Andrea Bätz (Volkach), die Passagen zum Thema Obstbaumwiesen des Gesetzesentwurfs vorstellte, der am 16. Juli im Landtag in erster Lesung beraten werden soll.

Erzürnt über das Artenschutzgesetz hätten schon mehrere oberfränkische Landwirte ihre Obstbäume gefällt, so Bätz. Sie schafften vollendete Tatsachen, bevor ihre Obstwiesen als Konsequenz des Artenschutz-Volksbegehrens unter besonderen Schutz gestellt werden. Die Obstbauern befürchten, »nicht mehr Herr ihrer eigenen Fläche zu sein,« erklärte Bätz.

Anregungsliste für Bausback

In der Gebietsversammlung sollten nun, wie Schlett sagte, Anregungen und Bedenken gesammelt werden, die er dem CSU-Landtagsabgeordneten Winfried Bausback für die Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) übergeben wolle.

Keine Chance solle unversucht bleiben, um im Gesetzesentwurf noch Ergänzungen zugunsten der Klein- und Obstbrenner und Kelterer einzubringen, war man sich in der emotional geführten Debatte einig. Den Landwirten solle die Regierung auch beantworten, was sie auf ihren Grundstücken noch machen dürfen, ohne Anzeigen zu kassieren.

Schnapsbrenner Schlett betonte, dass es gerade die Obstbauern und Streuobstwiesenbesitzer seien, die dafür sorgten, dass die Bienenhalter Nahrung für ihre Völker bekämen. Würden sie die Wiesen und Bäume nicht bewirtschaften, stünden in einigen Jahren lauter kahle »Kroake« auf den Flächen.

»Schutz durch Nutzung« lautete auch Severin Simons (Alzenau-Michelbach) Devise. Um für einen perfekten Naturkreislauf und ein gutes Mikroklima zu sorgen, müssten etwa Mulchen und Beweiden auch außerhalb der starren und praxisfernen Terminfristen erlaubt sein dürfen, so Simon. Laut Gesetzentwurf sei vorgesehen, so Schlett, dass unter anderem der Walzzeitpunkt auf Streuobstwiesen - und damit Mulchen oder Mähen - nach dem 15. März verboten sein soll.

Geldausgleich nicht sinnvoll

Baumpflege, Schneiden, Beernten oder Neuanpflanzungen von Bäumen seien dadurch fast unmöglich, sagt Schlett. Der im Gesetz vorgesehene Geldausgleich für Obstbauern, die ungewollt zu einem Biotop kommen und dadurch Erschwernisse zu tragen haben, sei der »falsche Weg«, meinte Simon weiter.

Der Geldausgleich könnte den Niedergang der Kulturlandschaft nicht verhindern. Lieber solle die Regierung Fördermittel geben, dass mehr Obstwiesen angelegt werden, so Simon. Hubert Fröhlich, meinte, »derjenige, der Bäume pflanzt, müsse auch die Macht haben, den Baum wieder herauszunehmen.«

Schlett fasste zusammen: « Wir müssen der Regierung mit Nachdruck sagen, was wir wollen.« Schon eingangs hatte er allerdings seinen Vertrauensverlust in die Staatsregierung bekundet, seit diese das Volksbegehren übernommen habe.

Für ihn, so Schlett, sei »das ganze politische Spiel, das momentan stattfinde, ein Zugeständnis zweifelhafter Art, Wählerstimmen wieder zurückzugewinnen.«

Hintergrund: Artenschutz-Gesetzgebung

Die neue Artenschutz-Gesetzgebung enthält eine Regelung, dass Streuobstwiesen mit extensiv genutzten Obstbaumwiesen oder -weiden aus hochstämmigen Obstbäumen ab einer Fläche von 2500 Quadratmetern (Streuobstbestände) zu gesetzlich geschützten Biotopen erklärt werden - mit Ausnahme von Bäumen, die weniger als 50 Meter vom nächsten Hof oder Wohngebäude entfernt stehen.

Erkrankte oder von Schädlingen befallene Bäume dürfen aus der Biotopfläche herausgenommen werden.

Folgende Kriterien für ein gesetzlich geschütztes Biotop »Streuobst« hat jüngst CSU-Landtagsabgeordneter Eric Beißwenger in einer Pressemeldung veröffentlicht:

Streuobstwiesen mit einer Dichte von nicht mehr als 100 Bäumen pro Hektar, bei denen mindestens 75 Prozent des Bestandes ihren Kronenansatz in 180 Zentimetern Höhe haben.

Baumabstand von grundsätzlich nicht weniger als 10 Metern und nicht mehr als 20 Metern

fortgeschrittenes Bestandsalter

Ein ausreichendes Alter liegt insbesondere vor, wenn die überwiegende Anzahl der Bäume einen Stammumfang von mindestens 50 Zentimetern in einer Höhe von einem Meter über dem Boden hat. ()

30.06.2019
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