Zu der nicht öffentlichen Gläubigerversammlung - es war eine der größten in der deutschen Wirtschaftsgeschichte - seien 2350 stimmberechtigte Gläubiger aus ganz Deutschland gekommen, sagte eine Sprecherin des zuständigen Amtsgerichts Itzehoe (Schleswig-Holstein). Insgesamt seien 29 600 der rund 75 000 Gläubiger vertreten worden. Das stimmberechtigte Kapital habe knapp 705 Millionen Euro betragen.
Mit dem Beschluss der Gläubigerversammlung setzte sich der Insolvenzverwalter gegen Ex-Prokon-Chef Carsten Rodbertus durch, der für seine 20-minütige Rede auf der Versammlung aber Beifall erhielt. Rodbertus hatte andere Sanierungsvorstellungen und wollte Prokon als Ganzes erhalten. Dagegen hält Penzlin den Verkauf von Firmenteilen (Ölmühle, Holzindustrie) für notwendig, um damit Forderungen abzulösen. Das Kerngeschäft mit Windkraftanlagen will Penzlin fortsetzen und 300 von ursprünglich 450 Arbeitsplätzen erhalten.
Zum Auftakt der Gläubigerversammlung wurde rund 15 000 Genussrechte-Inhabern der Windenergie-Firma ihr Stimmrecht versagt. Der Beschluss der Rechtspflegerin, die die Veranstaltung leitete, sorgte für Aufregung. Die Rechtspflegerin hielt Rodbertus laut Teilnehmern vor, die Vollmachten über einen Vertrauten eingesammelt zu haben. Für den Ex-Chef habe sich dadurch ein nicht zulässiger Interessenkonflikt als Geschäftsführungsorgan und Vertreter von Genussrechten ergeben.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und andere Anlegervertreter wie die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hatten beim Amtsgericht Itzehoe Anträge gestellt, dass die umstrittenen Stimmrechte annulliert würden.
Anwälte des Rodbertus-Vertrauten bezeichneten die Entscheidung als »rechts- und verfassungswidrig«, die Versammlung sei eine Farce und hätte abgebrochen werden müssen.
Dagegen bezeichnete Penzlin die Stimmrechts-Annullierung als »mutige, couragierte Entscheidung«: »Das zeigt, dass man nicht um jeden Preis Vollmachten erwerben kann.« Im übrigen hätten die Annullierungen auf die Abstimmungsergebnisse ohnehin keine Auswirkungen gehabt.
Deutsche Presse-Agentur (DPA)
Stichwort: Prokon
Mit mehr als 75 000 Gläubigern ist die Prokon-Pleite den Angaben der Insolvenzverwaltung zufolge das viertgrößte Insolvenzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik. Am 22. Januar 2014 hatte der Windkraftbetreiber den Antrag gestellt, am 1. Mai war das Verfahren eröffnet worden. Rund 1,4 Milliarden Euro hatten die Investoren über Genussrechte in der heute überschuldeten Firma angelegt. Der Insolvenzverwalter führt die Geschäfte und wird von einem Gläubigerausschuss unterstützt und überwacht, in dem Genussrechtsinhaber, ein Kreditinstitut, die Bundesagentur für Arbeit und ein Vertreter der Mitarbeiter versammelt sind. (dpa)