Bilderserie: Petra Reith
Knapp drei Monate haben die achtjährige Marleen, ihre rund Mitstreiterinnen und der einzige Junge Louis noch Zeit bis zum ersten Wettkampf. Immer wieder lässt ihre Trainerin Sharon Thamm die »Weißen Funken« - so heißt die Gruppe der Sechs- bis Zehnjährigen - in Anfangsformation antreten. »Man sagt, es braucht 5000 Wiederholungen, bis ein neues Programm im Schlaf sitzt«, verrät Ivonne Rettinger, die Vorsitzende der vor acht Jahren gegründeten Mainfunken, die seit 2008 ein eingetragener Verein sind.
Anerkannter Leistungssport
Höchstens fünf Minuten dauert eine Choreografie inklusive Aufmarsch, der maximal 60 Sekunden in Anspruch nehmen darf. »Für Kinder reichen zwei bis drei Minuten ohne Aufmarsch«, sagt Ivonne. Die Musik muss nach den offiziellen Wertungskriterien »marschfähig« und »vertanzbar« sein; beim Kombinieren von Ferse-Spitze-Schritten und Beinschwüngen, Pirouetten und Hebefiguren zählt »kreative Ideenvielfalt«.
Für Ivonne gehört Gardetanz einerseits fest zum karnevalistischen Brauchtum; andererseits ist er mehr als nur Narhallamarsch. »Es ist ein anerkannter Leistungssport«, sagt sie und nennt Körperspannung, Ausdauer und Disziplin als unverzichtbare Eigenschaften für Funkenmariechen und Co.
Nicht zu vergessen: »Beweglichkeit!« Marleen hat natürlich gut reden. Schon beim ausgedehnten Warmmachen (Trainerin Sharon: »Ich weiß, ihr hasst mich dafür.«) hat die Achtjährige bewiesen, dass sie sich problemlos die Ohren mit den Knie zuhalten kann. »Ich konnte mich schon immer so verbiegen«, sagt Marleen dazu ganz locker. Ihre Mutter Beate ergänzt: »Sie sitzt sogar vor dem Fernsehen im Spagat.«
"Schmitt macht mit" beim Gardetanz
Überraschung: Ich kann keinen Spagat. Ich bin schon zufrieden, dass ich im Sitzen bei ausgestreckten Beinen mit den Fingern an die Fußspitzen komme. Für jeden Millimeter mehr, den ich die Zehen zu mir ziehe, möchte ich »Hel-AU!« rufen. Was Jennifer nicht im Geringsten beeindruckt: »Kein Katzenbuckel!«, korrigiert mich die Neunjährige, die genauso gelenkig ist wie Marleen.
Im Training tragen die meisten Mädchen schwarze Leggins und weiße T-Shirts. Die selbst genähten Gardeuniformen kommen nur in der Wettkampfzeit zum Einsatz. So will es der Bund Deutscher Karneval, dem die Mainfunken angehören. Dabei stimmt die Tanzsaison nicht ganz mit der Narrensaison überein, die bekanntlich am 11. November beginnt und am Aschermittwoch endet.
Männerballett und Hip-Hop-Gruppe
Der erste Wettkampf der Gardetänzer steigt Anfang Oktober, die deutschen Meisterschaften zum Abschluss gehen vier Wochen nach dem Faschingswochenende über die Bühne. Doch auch ohne Uniformen stellt Vereinsvorsitzende Ivonne fest: »Bei uns ist das ganze Jahr Fastnacht.« Bei allem harten Training soll die gute Laune eben niemals verloren gehen.
Das gilt für alle Gruppen des Clubs, der seit Oktober 2013 die ehemalige Gaststätte des TuS Leider in der Augasse nutzt. Dort lernen bei den Fünkchen die Jüngsten ab drei Jahren die ersten Schritte; proben die Hip-Hop-Formation Daft Funk und das Männerballett Funkgeräte; trainieren Rote, Weiße und Feuerfunken neben dem Gardetanz Showtänze, für die weniger strenge Regeln gelten und bei denen man laut Ivonne mit ausgefallenen Kostümen »viel überspielen« kann.
Ich überspiele meinen überschaubaren Einsatz beim Garde-Training mit einem spontanen Radschlag. Nicht nur für die Kamera. Während einige der Mainfunken-Mädchen anerkennend applaudieren, sagt die Fotografin nur: »Also, ich habe jetzt nur deinen Bauch drauf.«
Thorsten Schmitt
bHomepage des Vereins:
www.mainfunken-aschaffenburg.de