Bilderserie: Björn Friedrich
Mit vereinten Kräften drehen Trainerin Ulrike Faßnacht und ihr Schützling Moritz Zimlich den altgedienten Olympic Warrior um. Das habe ich im Eifer meines Seegefechts ganz vergessen. Dass ich so leicht umkippe, hätte ich dann doch nicht gedacht - auch wenn das Rennkajak an seiner breitesten Stelle nur knapp 50 Zentimeter misst.
Zurück auf dem Steg lege ich die Füße auf das schmale Boot und spüre, wie ein herannahendes Frachtschiff den Flusspegel deutlich sinken lässt. Problemlos halten Nico und die anderen Nachwuchskanuten das Gleichgewicht. »Ich weiß gar nicht mehr, wie man reinfällt«, sagt Nicos neunjähriger Bruder Ben, der seit drei Jahren Kanu fährt. »Im Kinderboot bekomme ich es selbst mit Gewalt nicht hin.«
Mit Steuer
flosse und Doppelpaddel
Nachdem die Heckwelle des Lastkahns ausgelaufen ist, starte ich meinen zweiten Versuch im Rennkajak. »Knie zusammen«, rät Nico, während ich meine Füße links und rechts neben dem Metallstab platziere, mit dem die Steuerflosse an der Bootsunterseite bedient wird. Schneller und heftiger lässt sich der Kurs durch gezielte Schläge mit dem Doppelpaddel korrigieren. Weil dessen gebogene Blätter in einem Winkel von bis zu 90 Grad zueinanderstehen, muss der Kanute jeweils auf einer Seite den Griff lockern und mit der anderen Hand das Paddel drehen, um mit der Schaufel richtig ins Wasser einzutauchen.
Schmitt macht mit bei den Kanuten des SSKC Poseidon Aschaffenburg
Das habe ich vor meinem ersten Einstieg ins Rennkanu in zwei anderen Booten geprobt: erst in einem kentersicheren Wildwasserkajak, das Ben als »Badewanne« bezeichnet, dann mit dem 23-jährigen Kraftpakt Moritz als Hintermann in einem Zweierkajak.
»Die Technik war noch nicht so gut. Die Arme sollen gestreckt sein und auf Augenhöhe; der Oberkörper gerade. Das Paddel soll man trotzdem möglichst weit vorne ins Wasser stechen«, erklärt Nico, den Trainerin Ulrike ein »Naturtalent« nennt. Vor sechs Jahren hat er mit dem Kanufahren angefangen; bis zu seinem ersten Wettkampf dauerte es gerade einmal zwei Wochen. Allerdings leistete er sich dabei einen besonderen Aussetzer: »Ich bin stehen geblieben, weil es mich so am Kopf gejuckt hat«, erinnert sich Nico. Bruder Ben hat sein erstes Rennen nach einem halben Jahr bestritten. »Ich war noch nicht so sicher im Boot.«
Dieses Gefühl kenne ich nur zu gut. Wenig überraschend endet auch mein zweiter Versuch im Rennkajak im Wasser, noch bevor die in meinem Rücken ächzende Ulrike überhaupt das Heck losgelassen hat. Beim dritten Anlauf gelingen mir ein, zwei sachte Paddelschläge, dann kentere ich erneut.
Wir steigen um auf ein weniger kippeliges Tourenkajak. Und siehe da: Trotz einigen Wacklern nehme ich richtig Fahrt auf. Fast wird mir ein wenig mulmig angesichts geschätzter 250 Meter bis zum Bootssteg. »Respekt!«, sagt Ben nachher: »Für den Anfang war das schon schnell.« Nico bescheinigt mir: »Du bist ziemlich lange sitzen geblieben.« Bis zum letzten Wendemanöver ein paar Meter vor der Anlegestelle. Dann bin ich doch noch gekentert. Doch immerhin gelingt es mir, das Kajak wieder zu drehen und schwimmend an den Steg zu schieben. Pitschnass schlappe ich zur Umkleide und denke mir dabei: Dein Besuch beim SSKC Poseidon war absolut kein Reinfall.
Thorsten Schmitt
eBildergalerie vom Kanu-Training unter
www.main-netz.de