Wenn die Tischtennis-Talente des TV Hofstetten trainieren, hört man das Klacken der kleinen weißen Bälle bis vor die Halle. An den Tischen jagen schon Kindergartenkinder mit blau-roten Holzschlägern nach den Bällen. Kein Zweifel: Der Hofstettener Tischtennis boomt.
Bei den Kleinsten fliegen die Bälle noch gemächlich über das Netz und landen meistens ziemlich schnell auf dem Boden. Deshalb haben die Trainerinnen die Bälle auch schüsselweise auf der dunkelgrünen Platte bereitstehen. Und deshalb sind auch immer zwei Kinder mit großen Netzen unterwegs, um die Bälle einzusammeln und den Nachschub zu sichern. Bei den Älteren pfeifen die Bälle dafür so schnell hin und her, dass man ihnen mit dem Auge kaum noch folgen kann.
Svenja Horlebein, 15, und Franziska Schreiner, 12, haben sich eine Platte in der Mitte der Halle ausgesucht. Der Tischtennisschläger liegt ihnen sicher und vertraut in der Hand, man könnte meinen, eine natürliche Verlängerung ihrer Hand. Routiniert beobachtet Svenja den Ball, schätzt seine Fluglinie ab und schmettert ihn zurück zu Franziska. Nur das Zischen des Balls ist zu hören. Die Mädchen spielen hochkonzentriert und schweigend.
Trainer Timo Link strahlt vor Stolz. Die jungen Frauen sind zwei seiner großen Nachwuchstalente, die Liste ihrer Erfolge ist lang. Deutscher Mannschaftsmeister, zum vierten Mal in Folge bayerischer Mannschaftsmeister, immer gute Plätze bei Ranglistenturnieren. Beide haben schon im schwarz-rot-goldenen Trikot für die Nationalmannschaft gespielt. Im Regionalligaspiel gegen Jena am 9. März haben sie mit der Damenmannschaft 8:0 gewonnen. »Das ist eine Wahnsinnsdominanz«, bestätigt der Trainer.
Svenja ist durch Zufall zum Tischtennis gekommen. »Mein Vater repariert in der Halle öfters was«, erzählt sie. »Einmal hat der Trainer mich gefragt, ob ich auch mitspielen will. Ich wollte den Schläger gar nicht mehr aus der Hand geben!« Da war sie 7 Jahre alt. Seitdem trainiert sie, inzwischen 14 bis 16 Stunden die Woche. Dazu kommen die Turniere am Wochenende. »Freie Wochenenden sind selten«, sagt sie bedauernd. Trotzdem hat die 15-Jährige gute Noten in der Schule und kann sich ein Leben ohne Tischtennis nicht vorstellen. »Was würde ich denn dann in den vielen Stunden machen? Fernsehen schauen?«
An einem Tisch neben Svenja und Franziska spielt Svenjas Mutter gegen Franziskas Tante. In Hofstetten ist Tischtennis Familiensache. »Ich habe mich vom Tischtennis anstecken lassen«, sagt Anne Horlebein lächelnd. Sie hat drei Kinder beim Tischtennis und vor zwei Jahren schließlich selbst zum Schläger gegriffen.
Auch Franziskas Familie ist mit dem Tischtennisvirus infiziert. Ihre Eltern sind Profi-Spieler und haben sich über den Sport kennengelernt. Ihr Bruder hat 2013 die deutsche Jugendmeisterschaft gewonnen. Klar, dass auch für Franziska der Griff zum Schläger nahe lag. »Als ich das erste Mal in der Halle war, konnte ich noch nicht laufen«, erzählt sie. »Meine Mutter hat mich immer mitgenommen, wenn niemand da war, um auf mich aufzupassen.«
Franziskas Mutter Yunli ist eine Ausnahmeerscheinung in der Bergsporthalle, schon allein durch ihre Schlägerhaltung: Die gebürtige Chinesin spielt Pen-Holder, wie es lange in Asien üblich war. »Das kommt daher, dass man in China mit Stäbchen isst«, erklärt Trainer Link. »Da nimmt man den Schläger automatisch so.« Franziska hat sich trotzdem ganz europäisch für die Shakehand-Haltung entschieden - obwohl sie chinesisches Essen liebt, fließend Chinesisch spricht und immer mal wieder gegen ihre chinesischen Cousins Tischtennis spielt.
In Svenjas und Franziskas Zukunftsplänen spielt ihr Sport eine zentrale Rolle. »Franzi«, wie ihre Kameraden sie nennen, will am liebsten in die Fußstapfen ihrer Eltern treten und Profi werden. Ihr Traum: »Mit Tischtennis mein Geld verdienen«. Svenja will nicht ganz so hoch hinaus, aber wer weiß, was noch kommt. Für's Erste hofft sie auf einen Job, »der Spaß macht und Zeit für Tischtennis lässt«.
Am vergangenen Wochenende haben die beiden Spielerinnen bei den deutschen Schülermeisterschaften im Doppel das Viertelfinale und im Einzel das Achtelfinale erreicht. In den kommenden Wochen warten zwei weitere spannende Termine auf Franziska, Svenja und ihre Teamkolleginnen: die bayerischen Schülermannschaftsmeisterschaften in Bad Königshofen und die österreichischen Youth Championships.
Aufgeregt? Nur noch bei den deutschen Meisterschaften und internationalen Spielen, sagen die beiden Nachwuchstalente. Svenja und Franziska sind ja schon alte Hasen an der Platte.
Lena Schwaiger
Hintergrund: Wie man beim Tischtennis den Schläger hält
Beim Tischtennis gibt es zwei verschiedene Schlägerhaltungen. In Europa wird meistens in Shakehand-Haltung gespielt. Shakehand ist Englisch für »die Hände schütteln«. Der Spieler umfasst den Schlägergriff mit Mittel- und Ringfinger sowie dem kleinen Finger. Der Daumen liegt auf der Vorhand-, der Zeigefinger auf der Rückhandseite des Schlägerblattes. Dadurch sieht es so aus, als würde der Spieler dem Schläger die Hand geben (siehe Foto von Franziska Schreiner, oben).
In Asien war traditionell die Penholder-Haltung verbreiteter. Inzwischen setzt sich aber auch dort die Shakehand-Haltung durch, weil sie stärkeres Rückhandspiel ermöglicht. Penholder ist Englisch für »den Füller halten«. Der Spieler hält den Schläger dementsprechend wie einen Stift zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger. Die Schläger von Penholder-Spielern sehen ein bisschen anders aus als die in Europa üblichen Shakehand-Schläger. Der Griff ist eckig und insbesondere bei chinesischen Schlägern auch kürzer (siehe Foto von Yunli Schreiner, rechts).
(ls, Quelle: Wikipedia)