Die »Schlägerei« zwischen Goalie Benjamin Nell und Trainerin Solawa während des Abschlussspiels nutzt das gegnerische Team, um die schwarze Hartgummischeibe ins verwaiste Tor zu schieben. Ein seltenes Erfolgserlebnis; allzu oft lässt sich der Zwölfjährige an diesem Tag nicht überwinden.
»Er hat einen starken Willen«, nennt AEV-Coach Jessica Solawa, die für ihren Heimatverein ETC Crimmitschau in der 2. Liga spielt, als größte Stärke des Torwarts. Benny sagt: »Ich bin gut bei Schlagschüssen, man muss aber alles mögen.« Nur eines kann er nicht ab: »Wenn meine Vorderleute mir die Sicht verdecken.«
Im Spielbetrieb steht der Mömbriser beim Knaben-Team des ESC Darmstadt zwischen den Pfosten, das mangels Gegnern in der näheren Umgebung in der Landesliga Nordrhein-Westfalen antritt. AEV-Vorsitzender Joachim Ziegler sagt: »Wir haben 30 Spieler von fünf bis 17 Jahren, auch Mädchen, aus Aschaffenburg und Umland.« Für ein eigenes Team in einer Altersklasse reicht das nicht, für ein ordentliches Training sehr wohl.
Ohne umfangreiche Schutzausrüstung darf dabei keiner auf die Eisfläche. »Wer nur ein Teil nicht dabei hat, schaut zu«, betont Ziegler. So ziehen nicht nur die Torhüter Benny und der achtjährige Noel, sondern auch die Feldspieler riesige Rolltaschen hinter sich her, in die einige von ihnen selbst hineinpassen würden. Eltern, die Eishockey für zu gefährlich halten, beruhigt der Vorsitzende: »Zu Hause holt man sich eher blaue Flecken als bei uns.« Für Kinder, die in »das schnellste Mannschaftsspiel der Welt« hineinschnuppern wollen, hält der Verein Leihausrüstungen bereit.
Am Anfang stehen das sichere Bewegen auf dem Eis und das einfache Führen des Pucks mit dem Schläger. »Umso früher, desto besser. Die Kleinen haben das Schlittschuhlaufen schnell im Griff«, sagt der stellvertretende AEV-Vorsitzende Frank Nell, Bennys Vater. »Es dauert eine Saison, dann sind die Kinder spielfähig.«
Joachim Ziegler ergänzt: »Vom ersten Tag an lernen sie, sich auch mal mit vollem Tempo hinfallen zu lassen.« Angst ist beim Eishockey fehl am Platz, wie schon ein Aufwärmspiel im Training zeigt: Ein Spieler hat einen Schläger, den ihm die restliche Meute abzujagen versucht - nach dem Motto: auf ihn mit Gebrüll! Schnell kommen die jungen Puckjäger in der Eissporthalle auf Betriebstemperatur.
Nicht immer bewegt sich der AEV-Nachwuchs in kalter Umgebung. »Eishockey ist ein Ganzjahressport. Wir sind immer in Aktion«, sagt Ziegler. »Im Sommer stehen Kondition, Koordination und viel Laufen an.«
Derzeit sind die angehenden Aschaffenburger Kufencracks noch auf ihrem Element unterwegs - und kämpfen beim Trainingsspiel mit vollem Einsatz um den Puck. Wenn sein Team im Angriff ist, lässt sich Goalie Benny von Coach Jessica Solawa mit Schlagschüssen eindecken. Der ohrenbetäubende Knall, mit dem eine Scheibe in die Bande kracht, lässt erahnen, dass die Trainerin ihn nicht schont.
»Der Duft der großen weiten Welt«
Den nächsten Schuss auf den Kasten fischt Benny blitzschnell weg. Reißt den Fanghandschuh nach oben, der sonst durch die Wucht samt Puck ins Tornetz fliegen würde. »Bäm!«, ruft Benny. Klappt den Helm hoch und gönnt sich einen Schluck aus seiner Trinkflasche.
Hinter der Bande sagt Joachim Ziegler zur schweißtreibenden Action auf dem Eis: »Wenn die sich in der Umkleide ausziehen, ist das der Duft der großen weiten Welt.«
Thorsten Schmitt
bKontakt und weitere Informationen unter
www.aev-eishockey.de