Bilderserie: Petra Reith

»You think your are cool li­ke a por­cu­pi­ne. Mo­re li­ke do­ves that are ta­king flight. The sky is mi­ne . . . «

Mit dem Motor geht meine Musik aus. Ich bin angekommen in einer anderen Welt. Wo Rockbands wie Biffy Clyro, die ich gerade gehört habe, nicht zum Programm gehören. »Das ist nicht ganz die Richtung, die wir einschlagen werden«, hat mir Sarah Pfeil vorab gemailt. Die 20-Jährige macht bei der Tanzschule Alisch eine Ausbildung zur Tanzlehrerin. Unter anderem zeigt sie Kindern, wie sich deren Vorbilder zu ihren Hits bewegen. Willkommen beim Videoclip-Dancing!
Coole Atmosphäre
»Ich habe die Klimaanlage schon angemacht«, sagt Sarah bei der Begrüßung im Alisch-Casino. Soll das etwa heißen, dass ich gewaltig ins Schwitzen komme? Oder dass ich als Tanzmuffel mich warm anziehen muss? Überhaupt: Tut’s eine Jogginghose oder macht man sich feiner, wenn man den Stars nacheifert?
Zumindest präsentiert die fünfjährige Laura stolz ihren neuen Haarreif mit Herzchen, den sie erst am Nachmittag gekauft hat. Ihre fünf Jahre ältere Schwester Anna hat sich ein Duttkissen zugelegt, damit ihre Haare nicht den Blick in den Spiegel blockieren, vor dem wir die Bewegungen proben. Anna ist mit ihren Tanzkünsten sogar schon im Fernsehen aufgetreten: bei der Sendung »Hall of Fame« des wohl bekanntesten deutschen Choreografen Detlef D! Soost.

Jugendsport Videoclip-Dancing

Wie Gulliver in Liliput
Nach dem 43-jährigen Berliner ist der Kurs benannt, in dem ich mich hier wiederfinde: »D!’s Kids Club«. Soost hat ungefähr meine Größe; beim Warmmachen frage ich mich: Muss der Profi auch so höllisch aufpassen, wenn er mit Kindern arbeitet? So muss sich Gulliver in Liliput gefühlt haben. Während die Mädchen und Jungs durch den Raum wirbeln, bin ich leicht besorgt, jemanden niederzutrampeln.
Nach einem Fangspiel bilden wir einen Kreis und Sarah ruft nacheinander Kinder in die Mitte, die Übungen vormachen. Tolgahan, Johnny, Luis und Keanu krönen ihre Vorführungen mit Breakdance-Einlagen. »So sieht ein Aufwärmen bei uns aus«, sagt der elfjährige Luis, dessen jüngere Schwester Laura ebenfalls dabei ist. Bei den Kopfständen und wilden Drehungen passen die Mädchen und ich. »Es macht viel Spaß«, erklärt Breakdance-Fan Tolgahan in einer Trinkpause, »und man fühlt sich wie ein Star.« Tanzlehrerin Sarah sagt: »Die Kinder lernen Tanzschritte, die sie auch zeigen können. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein.«
Für die kurze Choreografie hat sie »Bang Bang«, die aktuelle Single von Will.i.am ausgesucht, weil es »gut zu den Kids passt und trotzdem auch für Erwachsene tanzbar ist«.
Die Kicks nach vorne und hinten kriege ich gleich ganz gut hin, aber beim Übergang zum nächsten Teil komme ich immer raus. Geht die rechte Hand nun nach oben, wenn ich den Seitschritt nach rechts mache? Oder nach unten? Laura zeigt mir mehrmals, wie es richtig geht, doch ihrem Tempo kann ich nicht ganz folgen. Luis und Keanu helfen mit Erklärungen nach.
Am besten klappt das Durchschütteln. Ob ich dabei im Rhythmus bin, ist mir - ehrlich gesagt - ziemlich egal. Es macht einfach zu viel Spaß. So kommt das Ende des Trainings überraschend, ich hätte noch ein Weilchen weiter wackeln können. »Für den Anfang nicht schlecht«, befindet der zehnjährige Johnny. Und Luis ergänzt: »Du kannst gerne wiederkommen.«
». . . We’re singing for the stinging belle . . .«
Mit dem Motor geht meine Musik an. Mit viel Gitarre und Gesang bis zur Heiserkeit. Ein Hip-Hop-Hörer wird aus mir nicht mehr. Aber seit meinem Ausflug in die Welt des Videoclip-Dancings überkommt mich hin und wieder der Drang, mich genüsslich durchzuschütteln.
Thorsten Schmitt

bKontakt und weitere Informationen
unter www.tanzschule-alisch.de