Franziskus selbst hat die Debatte geschickt befeuert, indem er einen Fragebogen zum Thema an die Ortskirchen senden ließ, deren Mitglieder oft einen völlig anderen Blick haben als die Kurie in Rom. Damit hat er bereits Druck auf die Synodenväter ausgeübt.
Es ist deshalb kein Zufall, dass im Kardinalskollegium längst ein heftiger Streit über ein für Außenstehende banal wirkendes Detailproblem schwelt, das aber zu einem Symbol für den künftigen Kurs der Kirche geworden ist: Dürfen wiederverheiratete Geschiedene künftig unter gewissen Umständen wieder die Kommunion empfangen? In der Diskussion geht es auch darum, ob die Kirche weiter auf ihren strengen Prinzipien beharrt oder ein Signal der Öffnung sendet.
Die Lager haben sich positioniert, deutsche Kardinäle spielen eine wichtige Rolle. Der emeritierte Kurienkardinal und ehemalige Leiter des päpstlichen Einheitsrates Walter Kasper, der als Theologe von Franziskus hoch geschätzt wird, ist Wortführer derjenigen, die denken, die Kirche müsse ihre Doktrin unter der Maxime der »Barmherzigkeit« an die Lebensrealität vieler Katholiken anpassen.
Dagegen verwehren sich vor allem Kuriale um den Präfekten der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Müller, die eine Aufweichung der Lehre insgesamt befürchten.
Die zweiwöchige Synode und ihre 253 Teilnehmer, darunter die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen, werden nun erste Anhaltspunkte darüber geben, ob die Zeit für einen programmatisch offeneren Kurs der Kirche gekommen ist. Rasche oder gar revolutionäre Änderungen sind allerdings nicht zu erwarten. Im Herbst 2015 findet im Vatikan eine zweite, ordentliche Bischofssynode zum Thema statt. Das letzte Wort hat schließlich der Papst selbst.
Papst bisher still
Franziskus hat sich der Debatte bislang entzogen. Ihm ist ausdrücklich an einer Diskussion gelegen, wie sie nun teilweise polemisch von den Kardinälen geführt wird. Franziskus hat aber bereits einige Anhaltspunkte dafür geliefert, auf welcher Seite er steht.
Zunächst ist da das mehrfache und unverhohlene Lob für Kasper und seine »Theologie auf Knien«, in der ein versöhnendes, vergebendes Element zur Geltung kommt. Nun hat Franziskus auch eine Sonderkommission eingesetzt, die sich mit der Reform des kanonischen Eherechts beschäftigen soll. »Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen«, lautet die Stelle im Matthäus-Evangelium, die von Puristen in diesem Zusammenhang stets hervorgehoben wird.
Dass beim Thema Ehe aus Sicht des Papstes Änderungsbedarf besteht, ist für viele Beobachter bereits Programm.
Julius Müller-Meiningen
Hintergrund: Papst lobt Albanien als Vorbild
Papst Franziskus hat während seiner ersten europäischen Auslandsreise nach Albanien religiös motivierten Terrorismus und Extremismus scharf kritisiert. »Niemand darf den Namen Gottes gebrauchen, um Gewalt auszuüben«, sagte der Pontifex am Sonntag in der Hauptstadt Tirana. »Im Namen Gottes zu töten, ist ein schweres Sakrileg! Im Namen Gottes zu diskriminieren, ist unmenschlich«, spielte das Kirchenoberhaupt auf Exzesse islamistischer Terroristen in Syrien und im Irak an.
In dem kleinen, einst kommunistisch regierten Balkanland lebt eine große Mehrheit von Muslimen. Nur 15 Prozent der rund drei Millionen Einwohner sind Katholiken. Zehntausende Menschen begrüßten den 77 Jahre alten Pontifex begeistert. Nach Auffassung des Papstes kann Albanien »für viele Länder zu einem Vorbild werden, an dem sie sich orientieren können«. Grund sei das Zusammenleben von Muslimen, Katholiken und Orthodoxen ohne größere Konflikte. (dpa)