Klaus Wowereit geht, nach 13 Jahren im Amt schmeißt der Polit-Dino die Brocken hin.
Um 13.06 Uhr verkündete der SPD-Mann gestern im Roten Rathaus seinen Entschluss. Schnodderig wie immer, ganz gelassen, sogar zu Späßen aufgelegt. Viel sei in letzter Zeit über seine politische Zukunft spekuliert, »aber auch schwadroniert« worden, so Wowereit. Diese Diskussion sei auch aus den Reihen der eigenen Partei mitbefördert worden und habe Schaden für eine »effektive Regierungsarbeit« verursacht. Deshalb habe er dem Senat mitgeteilt, »dass ich mein Amt zum 11. Dezember zur Verfügung stelle«. Ein Paukenschlag.
Es klang ganz so, als wollte sich da einer das Heft nicht ganz aus der Hand nehmen und vom Hof jagen lassen. Eigentlich wollte der Lebemann erst 2015 seine Entscheidung über seine politische Zukunft bekannt geben. Doch die Nachfolge-Debatte hielt die Stadt und die hiesige SPD bereits seit Monaten in Atem. Intrigen, Indiskretionen, Machtkämpfe, die Berliner Genossen, die seit 25 Jahren an der Spree mal als Juniorpartner, mal als führende Kraft regieren, boten zuletzt ein schlimmes Bild. Auch im Umgang mit Wowereit. Das ging nicht spurlos an ihm vorbei. »Ich habe mir erlaubt, auch mal an mich zu denken«, betonte er gestern. Am Ende seiner Erklärung musste der Ur-Berliner sogar mit den Tränen kämpfen, als er sagte: »Ich liebe diese Stadt so, wie sie ist.«
Das beschreibt jedoch auch indirekt das größte Problem des 60-Jährigen: Berlin hat ihn zuletzt nicht mehr gemocht. Nach seinem Amtsantritt 2001 hieß Klaus Wowereit »Regierender Partymeister« - keine Feier ohne »Wowi«. Den Negativ-Titel konnte das Stadtoberhaupt in den letzten Jahren mühsam abstreifen. Aber inzwischen hängt dem SPD-Mann ein anderer, ebenso wenig schmeichelhafter Ruf nach: »Sonnenkönig«, spotteten seine Gegner laut - und Parteifreunde stimmten dem klammheimlich zu. Es hieß, er habe das Gefühl für die Stadt verloren, sei abgehoben, zu barsch und zu desinteressiert an den politischen Themen der Hauptstadt. Vor allem das Debakel um den nicht fertigen Großflughafen Berlin-Brandenburg hat an ihm, an seinen Nerven und an seinem Ruf gezerrt. Das Desaster im Märkischen Sand hängt an Wowereit wie ein Mühlstein. Es sei eine der »größten Niederlagen«, räumte er gestern ein. Er bedauere dies »unendlich«. Aber es sei halt immer einfacher, »wenn man Erfolg hat, dann sind sie alle da«.
Verbitterung war da raus zu hören, auch darüber, dass seine Arbeit zuletzt nur noch auf das Flughafen-Chaos reduziert wurde. Dem Mann, der sich selbst auch mal als SPD-Kanzlerkandidaten gesehen haben soll, wollte allerdings auch kaum mehr etwas gelingen. Seine persönlichen Umfragewerte und die der SPD rutschten in den Keller. Schon Ende 2010 soll Wowereit zudem nicht mehr so richtig Lust gehabt haben, Bürgermeister von Berlin zu sein. Es gab aber kein lukratives Jobangebot aus der Wirtschaft.
Nun geht er also, der dienstälteste Ministerpräsident und einer der bundesweit bekanntesten Sozialdemokraten. Mit Raed Saleh als Fraktionschef und Jan Stöß als Landesvorsitzender rangeln zwei Genossen seit längerem um die Nachfolge Wowereits, Stöß hat die deutlich besseren Karten. Er werde jetzt abwarten, wie sich die »Kandidatenlage« entwickle, so Wowereit süffisant. Glaubt er doch genau zu wissen: Einen neuen »Wowi« sucht man bei der Berliner SPD vergebens. > Seite 3
Hagen Strauß