Zwei Monate ist der Berliner FDP-Politiker Hellmut Königshaus als neuer Wehrbeauftragter des Bundestages im Amt. Doch eine Schonfrist will er weder sich selber noch dem Verteidigungsministerium gönnen. Im Gegenteil, der Liberale redet Klartext und bringt damit CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in die Bredouille.
Die deutschen Soldaten in Afghanistan, so schlägt Hellmut Königshaus jetzt in einem Interview Alarm, »haben den Eindruck, dass sie vernachlässigt werden«. Die Ausrüstung sei »ein Drama«, es fehle sogar am Nötigsten wie Möbeln und Feldbetten sowie Munition zur Selbstverteidigung, wer außerhalb des Lagers im Einsatz sei, müsse wochenlang immer das Gleiche essen, weil es nur eine einzige Sorte der sogenannten Einmannpackung (Epa) gebe. »Das alles«, so Königshaus, »ist einfach ein Drama, und das demotiviert die Leute natürlich schon sehr. Sie sind in einer exponierten Situation - auch was die Sicherheitslage angeht - und haben den Eindruck, dass sie vernachlässigt werden.«
Das Thema ist nicht neu. Schon der Vorgänger von Königshaus, der SPD-Politiker Reinhold Robbe, hat in seiner fünfjährigen Amtszeit regelmäßig die Defizite bei der Ausbildung wie der Ausrüstung der in Afghanistan eingesetzten Soldaten angeprangert. So kritisierte er immer wieder vor allem den Mangel an gepanzerten Fahrzeugen und an Transportkapazitäten, aber auch die Dauerbelastung einzelner Spezialisten, vor allem der Ärzte, die wegen Personalmangels bereits mehrmals an den Hindukusch versetzt wurden.
Bereits Ende Juni legte Königshaus den Mitgliedern des Verteidigungs- und des Haushaltsausschusses einen 14-seitigen Zwischenbericht vor, in dem er zu dem deprimierenden Schluss kam, dass alle Mängel, die Robbe in seinem Jahresbericht 2009 angeprangert hatte, im ersten Halbjahr 2010 unverändert fortbestehen würden. So herrsche in der Grundausbildung ein Mangel an Lehrkräften, in der Einsatzvorbereitung fehle es an einer ausreichenden Zahl von Fahrzeugen und Waffen, um unter realistischen Bedingungen üben zu können. Die Erfahrungen in Afghanistan belegen, dass das Sanitätsfahrzeug vom Typ »Yak« nicht für Gefechte geeignet ist, weil es leicht fahruntüchtig geschossen werden kann. Auch bei den Fahrzeugen der Typen »Dingo« und »Fuchs« gibt es Probleme bezüglich des Schutzes der Insassen und der Bewaffnung. Als besonders gravierend wird das völlige Fehlen von Minenräumfahrzeugen dargestellt. Weitere Mängel listete das Papier in den Bereichen Flugausbildung, Sanitätsdienst und persönlicher Ausrüstung wie Sprechfunksätzen auf.
»Munition für Einsatz reicht nicht«
Nun legt Königshaus noch einmal nach und konkretisiert seine Vorwürfe. Ein »sehr gut gesichertes« Sanitätsfahrzeug auf Basis des Truppentransporters »Dingo« werde nicht für die Bundeswehr zugelassen, weil die Stehhöhe im Innenraum nicht ausreiche und »dadurch die Gefahr besteht, dass sich die Stabsärzte den Kopf stoßen«. Ebenso würden geschützte Fahrzeuge zur Kampfmittelbeseitigung nicht eingesetzt, »weil sie den deutschen Zulassungsnormen nicht entsprechen«. Aus Kostengründen fehle es an Munition für Ausbildung und Einsatz, sogar die Feldbetten seien knapp. Weiteres Problem: Deutsche Soldaten dürfen nur dann von der Schusswaffe Gebrauch machen, wenn sie absolut sicher sein können, dass keine Unbeteiligten zu Schaden kommen. »Da muss eine Lösung her, die zu einem besseren Schutz unserer Soldaten führt.«
Das Verteidigungsministerium ist von der Schärfe der Kritik irritiert und weist die Kritik des Wehrbeauftragten zurück. Die Ausstattung der Truppe im Einsatz werde »ständig verbessert«, sagt ein Sprecher. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg habe eigens dafür eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der »Dutzende von Maßnahmen« angegangen würden.
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Martin Ferber