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Zu Beginn ein vorsichtiges Abtasten, mit zwei Kantaten von Komponisten, die vor 300 Jahren geboren wurden und heute nur echten Klassikexperten wirklich viel sagen. Carl Philipp Emanuel Bach (1714 bis 1788) hat in Amorbach mit der Kantate »Heilig« Eindruck hinterlassen - nicht zuletzt durch die spannende Inszenierung: Von der Orgelempore begannen die vier Solisten des Abends - die Sopranistin Verena Gropper, die Mezzosopranistin Regina Pätzer, der Tenor Gustavo Quaresma Ramos und der Bassbariton Christos Pelekanos - durch Chorsänger verstärkt als Chor der Engel den harmonischen Dialog zum Lob Gottes mit dem Chor der Völker, dem Darmstädter Konzertchor, der im Altarraum platziert war.
Rokoko-Leichtigkeit
Eine zarte und verspielte Rokoko-Leichtigkeit prägt die Kantate zum vierten Advent des Bachschülers und Dresdner Kreuzkantors Gottfried August Homilius (1714 bis 1785). Seine Kompositionen waren im 18. Jahrhundert äußerst erfolgreich und spätestens beim abschließenden Vers »allerliebstes Jesulein« des Chors ahnte man, warum das so war. Hier verbanden sich Text und Musik zu einer beeindruckenden Symbiose und entließen die rund 250 Besucher nach 35 Minuten in die Pause.
Anerkennung für die transparente, überzeugende Leistung des Chors, des Orchesters und des Dirigenten war in den Pausengesprächen zu hören - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das sollte sich im zweiten Teil in rückhaltlose Bewunderung und in eine Begeisterung verwandeln, wie sie bei klassischer Musik ganz selten zu hören ist. Der Grund: Wolfgang Amadeus Mozarts (1756 bis 1791) Große Messe in c-Moll aus dem Jahr 1782 - unvollendet geblieben und doch eine der herausragenden Messvertonungen der Musikgeschichte.
Wie Wolfgang Seeliger mit einem engagierten Ganzkörperdirigat den glänzenden Chor mit seinen schönen Pianopassagen und der mitreißenden Dynamik und das feine, facettenreiche Orchester aus jungen, exzellenten Musikern mit ihren historischen Instrumenten Kyrie, Gloria, Credo und Sanctus zaubern ließ, provozierte das Publikum zu minutenlangem Jubel und Füßetrampeln, was jedem Popkonzert Ehre gemacht hätten.
Differenzierter Orchesterklang
Neben dem unübertrefflichen Zusammenspiel von Orchester und Chor, bei dem sich tatsächlich Wort und Ton zu einer mitreißenden Symbiose steigerten, trugen vor allem die beiden Solistinnen Regina Pätzer und Verena Gropper dazu bei, dass vermutlich auch der damals 26-jährige Mozart von dieser Interpretation seiner Messe begeistert gewesen wäre.
Und dann gab es ja das wundervolle Zusammenspiel des transparenten, differenzierten Orchesterklangs mit dem Chor, der bei der Mozartmesse mit ihrer großen stilistischen Vielfalt zu ganz großer Form auflief. Wie die rund 40 Frauen und Männer im Gloria den Kontrast von Jubel- und Schreckenschor herausarbeiteten, wie sie die Glaubenszuversicht des Credo verkündeten, war wunderbarer Chorgesang. Schön, dass am Ende Beifall und Jubel des Publikums sich diesem Niveau anpassten.
HEINZ LINDUSCHKA
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