Da erkennt der Oberbayer sehr feinsinnig, dass mit dem Nein der Schotten, was die Zugehörigkeit zu Großbritannien aufrechterhält, auch den Franken viel Wind aus den separatistischen Segeln genommen wurde. Wo doch, so Springers fantasieanregende Vorstellung, ein Markus Söder im Schottenrock ein allzu schönes Bild abgegeben hätte …
Springer hat sie alle im Blick, die da die Geschicke der Bürger lenken. »Oben ohne« titelt sein aktuelles Programm, das zum einen sehr politisch daher kommt, zum anderen aber jede Menge Stoff für Heiterkeit bietet. Immer wieder betont der Kabarettist, dass er sich gar keine Absurditäten ausdenken müsse, denn mit den haarsträubenden Äußerungen der Politprominenz und deren an Komik kaum zu überbietenden Ideen und Taten lasse sich alleine schon ein Abend bestreiten.
Von Skandalen und mehr
So erinnert der 49-Jährige an den ehemaligen bayerischen Landrat, der über seine von der örtlichen Kreissparkasse gesponserte Geburtstagsparty gestolpert ist, sowie an dessen Stellvertreter, der ebenfalls in den Genuss einer Gratisparty gekommen war. Für weniger, aber dennoch viel Geld. Er schwenkt über zu den Widersprüchen der AfD-Politik, um von dort aus weitere Widersprüche, Bosheiten sowie Krisenherde offenzulegen.
Der Münchner, der dem Publikum in bayerischer Randlage immer auch gerne dialektale Abweichungen seiner südlichen Heimat erläutert - und sich nach den örtlichen Entsprechungen erkundigt -, sucht den Kontakt zu den Menschen im Saal. Und findet ihn. Er bringt sie zum Lachen und zum Innehalten, denn es ist schließlich keine Comedy, die der Studienabbrecher - typisch für seinen Berufsstand, wie er schnell an einigen Beispielen erläutert - hier auf die Bühne bringt.
Oft sind es heiter verpackte Wahrheiten, die erschaudern lassen. Aber genau da liegen die Stärken des Christian Springer, der im vergangenen Jahr mit dem Bayerischen Kabarettpreis ausgezeichnet worden ist. Mehr Rückgrat, so lautet seine Botschaft.
Er empört sich und ist doch gleichzeitig so versöhnlich. Er nimmt einen Atemzug nach der Anklage die Angeklagten in Schutz. Er erhebt den Zeigefinger deutlich und klar, lässt aber nie die Umstände außer Acht. Nichtsdestotrotz: Der Mann hat immer wieder so recht. Darüber täuschen auch Sprachwitz und irrwitzige Szenarien, die sich dann wohl doch ein wenig von der Wahrheit entfernen, nicht hinweg.
Esel sind Luxus
Herrlich seine Ausführungen über die absurde Bürokratie am Beispiel der Mehrwertsteuer - der Esel beispielsweise gelte als Luxus, so Springer, also 19 Prozent, das Pony hingegen nicht, also 7 Prozent - oder seine Interpretation samt szenischer Darstellung des Hollande-Skandals rund um die Mofafahrt des französischen Präsidenten zur bis dato noch unbekannten Geliebten.
Egal ob Welt der Politik oder des kleinen Mannes, dieser Kabarettist auf der Hofgartenbühne hat zu allem etwas zu sagen. Er erinnert schwärmerisch an den Baumarkt als einstiges Refugium des wahren Mannes und entlarvt im nächsten Atemzug, welche Vorteile die Familie der deutschen Verteidigungsministerin von dem klammheimlichen »Einmarsch« - ein Ausdruck, auf den Christian Springer besteht und den er gerne belegt - der Bundeswehr just zur schönsten Fußball-Weltmeisterschafts-Zeit in Mali hat.
Es ist wirklich gelungenes Politkabarett, das Springer bietet, der lange Jahre in seiner Rolle als Fonsi auftrat, grantelnder Kassenwart von Schloss Neuschwanstein. Ein wenig granteln tut er immer noch, aber vor allem unterhält er mit Witz und Verstand. Und wer aus dem Publikum hätte wohl ohne ihn gewusst, dass »Skandal im Sperrbezirk«, zeitloser Ohrwurmhit der Münchner Spider-Murphy-Gang, einst als politischer Song, als Anti-Gauweiler-Lied konzipiert worden war. An diesem Freitag wurde auch hierüber Klartext gesprochen. Martina Jordan