Weil im fast intimen, atmosphärisch dichten Ambiente der Mildenburg auch leise Töne ankommen und literarische Feinschmecker und Freunde fantasievoller und experimenteller Inszenierungen eine reich gedeckte Tafel vorfinden. Das beste Beispiel dafür lieferten die Salzburger im letzten Jahr mit ihrer Version von »Leonce und Lena«.
Viel Spielfreude
Heuer kommen allerdings eher die Freunde des unterhaltsamen Boulevardtheaters mit einigem Tiefgang auf ihre Kosten, wenn in zwei Stunden »Rita will es wissen« des englischen Theaterautors Willy Russel in der reizvollen Kulisse rund um die Mildenburg von zwei Akteuren mit viel Spielfreude und darstellerischem Facettenreichtum zelebriert wird.
Russel, selbst ein ehemaliger Friseur, der sich über den zweiten Bildungsweg und mit dem Erfolg seines Stücks »Rita will es wissen« heute zu einem der erfolgreichsten englischen Theaterautoren gemausert hat, bringt in dieser Komödie mit ernsten Elementen Susan White, eine verheiratete Friseurin von 26 Jahren, auf die Bühne, die sich entschließt, durch Bildung einen neuen Weg einzuschlagen, einen Weg, der sie unvermeidlich ihrer alten Umgebung entfremdet und zur Außenseiterin macht. Dass sie sich nun Rita nennt und sich unter diesem Namen beim desillusionierten Literaturlehrer Frank in seinem neuen »Uni-für-alle-Kurs« vorstellt, um »Alles zu lernen«, bringt das zweistündige Bühnengeschehen in Gang, das bis zum offenen Ende für unterhaltsames und durchaus anspruchsvolles Sommertheater sorgt.
Zugegeben: Das Thema war auch bei der Premiere des Stücks vor 34 Jahren nicht neu. Man kennt es von Shaws »Pygmalion« und kann es derzeit auf der Clingenburg auch in »My fair Lady« sehen und hören. Aber was die beiden Akteure auf der Mildenburg, die 35-jährige frische und temperamentvolle Elisabeth Nelhiebel als Rita und Peter Malzer als alternder Unilehrer Frank bei der Premiere am Mittwochabend unter der einfallsreichen Regie von Markus Steinwender aus ihren Rollen machten, verdient vollen Respekt und wurde zu Recht mit minutenlangem Beifall der 130 Besucher belohnt.
Hoffnungsvolles Ende
Am Ende hat der Literaturexperte Ritas Definition von Assonanz übernommen - »das bedeutet, dass man den Reim nicht hinkriegt!« -, weiß nun, dass Shakespeares »Macbeth« eine »Macht-Spaß-Tragödie« ist, und hat vielleicht sogar gelernt, mit einer neuen, selbstbewussten und gebildeten Rita zurechtzukommen. Der Weg zu diesem zwar offenen, aber doch hoffnungsvollen Ende ist lang - zwei kurzweilige Stunden lang.
Aber er lohnt sich für die Zuschauer. Manchmal erklärt Russel zwar allzu viel immer wieder, und an diesen Stellen hätte die Regie diese »Verbalinkontinenz« noch ein bisschen stärker eindämmen können, aber insgesamt bietet »Rita will es wissen« einen lohnenden Theaterabend in einer Umgebung, die fast schon allein das Eintrittsgeld wert ist.
Schillernde Persönlichkeit
Zu hören, wie »der blöde Snob« mit der Whiskeyflasche in der Hand reagiert, wenn Rita von den »Lustigen Weibern von Wimbledon« schwärmt, zu sehen, wie Rita von Frank lernt und dabei tatsächlich in Gefahr gerät, sich selbst und ihre erfrischende Subjektivität einzubüßen, mitzuverfolgen, wie Rita mit jedem neuen Oberteil eine neue Facette ihrer schillernden Persönlichkeit präsentiert, und gespannt darauf zu warten, welch neue Facette des Beziehungsgeflechts nach den Celloklängen zwischen den Szenen auf die Bühne gestellt wird, lohnt den Besuch von »Rita will es wissen« für alle, die einen lauen Sommerabend bei Boulevardtheater im besten Sinn genießen wollen.
Im nächsten Jahr darf man sich auf der Mildenburg übrigens tatsächlich auf die »Lustigen Weiber« freuen, allerdings auf die von Windsor.
Heinz Linduschka
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Bis zum 26. Juli wird »Rita will es wissen« noch acht Mal aufgeführt. Karten bei der Tourist-Information unter Tel. 09371/404 119 oder online unter
www.theatertage-mildenburg.com