An diesem Montag Abend haben sich jede Menge 40- bis 50-Jährige im Aschaffenburger Colos-Saal versammelt, um die Vergangenheit aufleben zu lassen und um eine Band zu feiern, die vor 30 Jahren stilprägend war. Dass bei dieser Tour der Mega-Hit »Temptation« gleich zweimal auf der Setlist steht, das ist das besondere Bonbon oben drauf auf diesem gelungenen New-Wave-Remember-Abend.
»The Luxury Gap«
Vor zwei Jahren trug ihre Tournee den Titel des ersten Albums »Penthouse and Pavement« - knapp 30 Jahre zuvor erschienen -, diesmal sind sie folgerichtig unter dem Motto der zweiten Platte »The Luxury Gap« auf den Bühnen zu Gast. 1983 kam diese auf den Markt und gilt als das Meisterwerk von Heaven 17, damals als Trio aktiv. Heute sind von der Ursprungsformation noch Sänger Glenn Gregory und Keyboarder Martyn Ware auf der Bühne zu sehen, ergänzt um weitere Musiker, unter anderem zählt Sängerin Billie Godfrey mittlerweile zur festen Besetzung.
Es sind wie bei den vielen anderen Bands, deren eigentlich Blüte in jener Zeit lag, als sie und ihre Fans noch jung waren, die alten Klassiker, die Hits der vergangenen Tage, die für euphorische Beifallsstürme sorgen, die Fan-Arme ruckartig in die Höhe schnellen lassen und zustimmende Lautäußerungen wellenartig durch den Saal treiben.
Heaven 17 haben die Bühne und den Live-Auftritt - komplexe Lightshow inklusive - erst spät für sich entdeckt, doch offensichtlich genießen die Akteure den Kontakt zum Publikum. Auch wenn experimentelle Einlagen wie das etwas schräg anmutende Gregory-Ware-Duett gemischt aufgenommen werden und Balladen generell nicht die frenetische Wirkung erzielen, wie der typische keyboardlastige 80er-Sound.
Extrem hohe Wellen schlägt die Begeisterung im Saal, wird der The-Human-League-Klassiker »Being Boild«, den Ware als ehemaliges Bandmitglied einst komponiert hat, als letzter Song vor der Zugabe intoniert. Selig bewegen sich die Massen, glücklich darüber, dass es die Idole, die musikalischen Begleiter vergangener Tage immer noch gibt, dass diese präsent sind und willig, im alten Stile weiter zu machen, sich feiern und umjubeln lassen.
Und froh, dass Heaven 17 mehr oder weniger da stehen geblieben ist, wo man einst war, sich niemals weit von der Musik entfernt hat, der die Band vor 30 Jahren ihren größten Erfolg zu verdanken hatte.
Unverwechselbar
Dass die »Temptation«-Variante der Zugabe, als modernisierte Fassung angekündigt, doch anfangs eher wie ein Dance-Version aus den 90er Jahren klingt, egal. Es ist ein wunderbarer Song, dessen unverwechselbarer Klang über jeder Interpretation steht. Textsicher, das zeigt dieses Konzert, sind die meisten Fans immer noch.
Sollte die nächste Tour dann unter dem Motto »How Men Are« stehen, dem Titel des 1984 erschienenen dritten Heaven-17-Albums, werden Mega-Hits wie eben »Temptation« sicher nicht fehlen. Hoffentlich.
Martina Jordan
Stichwort: British Electric Foundation und Heaven 17
Vor über 30 Jahren wurde in Sheffield das britische Musikproduktionsprojekt British Electric Foundation (B.E.F.) gegründet. Ins Leben gerufen hatten dies Ian Craig Marsh und Martyn Ware, zuvor Mitglieder der Formation The Human League, zusammen mit Sänger Glenn Gregory. Aus dieser Zusammenarbeit entstand ein Jahr später, 1981, die Gruppe Heaven 17. Der Name soll sich von der gleichnamigen Band aus dem Roman »A Clockwork Orange« herleiten. Sieben Jahre lang machten sie gemeinsam Musik. Fünf Alben, darunter das Debüt »Penthouse and Pavement« sowie »The Luxury Gap« mit der bekannten Singleauskopplungen »Temptation« stammen aus jener Zeit. Als sich Misserfolge einstellten, trennten sich die Briten 1988. Die drei Musiker fanden 1996 erneut als Heaven 17 zusammen und veröffentlichten mehrere Alben. 2008 stieg Craig Marsh aus, dafür kam die Sängerin Billie Godfrey dazu. Zu ihrer 30-jährigen Zusammenarbeit waren Ware und Gregory vor zwei Jahren auf Tournee und erinnerten an das erste Album. Jetzt sind sie unter dem Namen ihres zweiten Albums auf »The Luxury Gap«-Tour. (red)