Solche Menschen wie Ingo Mittelstaedt, Anna Simone Wallinger, Mona Mönnig, Sonja Kälberer, Georg Brückmann, Ute Klein, Philipp Dorl und Shigeru Takato. Die jungen Fotografen sind die Preisträger des Wettbewerbs »Gute Aussichten«. Eine Auswahl ihrer Arbeiten ist derzeit im Art Foyer der DZ-Bank in Frankfurt zu sehen - nach Stationen in ganz Deutschland, Europa und sogar in Übersee.
Und tatsächlich lassen einen die Neugier, die Experimentierfreude und die Verspieltheit, die die jungen Künstler an den Tag legen, beim Betrachten aufmerken. Viel Mut zum Ungewöhnlichen lässt sich entdecken. Und das ist es schließlich, was qualitätvolle, zeitgenössische Fotografie auszeichnet. Wie zum Beispiel bei Sonja Kälberer. Die Studentin der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig spielt in ihrer zehnteiligen Serie »Bel Composto« (2006/2009) mit der Illusion. Ein Wohnzimmer verfremdet sie mittels Folien, Styropor, Stoffen oder Holzbrettern zu einem dramatisch inszenierten Raum. Grelles, irritierendes Licht macht aus dem banalen Zimmer einen unheimlichen Ort. Ihre Fotografien wirken aufgenommen wie durch ein Fernglas - und gleichzeitig beängstigend nahe wie unter einem Mikroskop.
Spießigkeit und NonchalanceÄhnlich arbeitet Georg Brückmann. Der gebürtige Leipziger stellt ebenfalls die Realität in Frage. Mit malerischen Mitteln rückt er ihr in seiner Serie »In Situ« (2009) zu Leibe. In Interieurs irgendwo zwischen Spießigkeit und Nonchalance platziert er bemalte Kartons, die ein Möbelstück suggerieren, das dort gar nicht vorhanden ist. Man sieht den Fotografien an, dass etwas nicht stimmt mit ihnen. Aber Brückmanns Methode ist so subtil, dass seine Motive zu echten Such-Bildern werden. So verwischt die Grenze von Realem und Fiktiven in einem Moment zum nächsten.
Ute Klein, die von der Folkwang Hochschule in Essen kommt, setzt in ihrer Serie »Resonanzgeflechte« (2009) auch auf visuelle Irritationen. Ein Gewirr von Armen, Beinen, Köpfen, Körpern entfaltet sich vor dem Betrachter. Dabei sind es immer nur zwei Personen, die sich da leidenschaftlich umarmen. Und dennoch verwirrt das geschickte Spiel mit den Gliedmaßen. Aber offenbart auch, wie anfällig unsere Wahrnehmung für klitzekleine Täuschungen ist.
Mona Mönnig, die ebenfalls in Essen studiert hat, ist hingegen zutiefst fasziniert von »Man-Made Wonders« (2009). Ihre acht Bilder zeigen Mini-Pferde, Nackt-Katzen und zierliche, zitternde Hündchen wie für die Handtasche. Ihr Blick auf die possierlichen Geschöpfe ist immer ein staunender, fast liebevoller, nie ein entblößender. Vor edlen Hintergründen lässt sie die auf Hochglanz polierten Tiere posieren. Die Zeit scheint einzufrieren. Und Mönnig hält sie für einen Augenblick in Händen. Moderne Porträts hoch gezüchteter Wunderlichkeiten - so nah mit der Kamera herangeholt, als stünden sie im eigenen Wohnzimmer.
Aber nur eine der Preisgekrönten traut der Realität und versucht sie nicht zu manipulieren: Anna Simone Wallinger. Ihre unter die Haut gehenden Reportagefotos aus einem Asylbewerberheim in Berlin zeigen Menschen, die dazu verdammt sind zu warten. Warten auf ihren Antrag, warten ihr Verfahren, warten auf die nächste Mahlzeit. Auch ihre Menschen produzieren, inszenieren sich vor der Kamera. Aber zwischen den starken Posen schimmert immer wieder auch eine tiefe Verzweiflung auf. Mit ihrer sachlichen, nüchternen Kamera fängt Wallinger auch diese Momente ein.
Diese Momente von Menschen, die eben keine guten Aussichten haben. Nicht so wie die acht jungen Fotografen, die in Frankfurt ihre Werke zeigen.
Bettina KnellerBis 11. September im Art Foyer der DZ-Bank, Cityhaus II, Platz der Republik. Geöffnet
Dienstag bis Samstag 11 bis 19 Uhr. Internet
www.guteaussichten.org