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Nach gut einer Minute des sich mit gezupftem Banjo behutsam entwickelnden Openers «Blood I Bled» ist es soweit: Zu donnernden Drums und schmetternden Bläsern lassen die drei Damen aus Watford erstmals die ganze Wucht ihres Harmoniegesangs ertönen. Da dürften in einem kleinen Club die Wände zittern und Freudentränen in die Augen der begeisterten Zuhörer schießen - so stellt man sich das zumindest vor. Wenn nach gut drei Song-Minuten feine Streicher neben die Trompeten treten bis zum sinfonischen Ausklingen von «Blood I Bled», ist man sicher, bereits jetzt eines der stärksten Neo-Folk-Lieder des Jahres entdeckt zu haben.
Das Besondere an «If I Was» ist aber nicht nur, dass es gegenüber dem Staves-Debüt von 2012 eine so enorme Weiterentwicklung dokumentiert. Sondern auch die Wahl des Produzenten, der zugleich einer der größten Fans der Schwestern ist: Justin Vernon alias Bon Iver, selbst längst eine der Pionierfiguren des Neo-Folk. The Staves seien «die beste Gruppe von Live-Sängerinnen, die ich je gehört habe», gab Vernon schon nach dem Kennenlernen des ersten Albums «Dead & Born & Grown» zu Protokoll. In seinem abgelegenen Studio im verschneiten Wisconsin entwickelten die vier Musiker nach und nach gemeinsam eine Nachfolgeplatte.
Die hat nach dem Opener noch eine Menge Höhepunkte zu bieten: liebliche, aber nie übersüße Brit-Folk-Balladen («No Me, No You, No More», «Let Me Down», «Sadness Don't Own Me»), dramatische Art-Pop-Songs («Steady», das gut sechsminütige Meisterstück «Damn It All», purer Westcoast-Pop («The Shining»), auch einige mit rauen E-Gitarren ausgestattete rockigere Lieder («Black & White», «Teeth White»).
Ein Zuckerbäcker-Werk, das angesichts der puren Pracht der drei Staves-Stimmen auch möglich gewesen wäre, ist «If I Was» also nicht. Wobei man die totale Überwältigung durch Gesangsmagie schon zulassen sollte. Wer sich also eine stilistische Tour de Force zwischen Kate Bush, Emmylou Harris, Sandy Denny, Smoke Fairies und Fleetwood Mac vorstellen kann, liegt bei The Staves richtig. Ein Wunderwerk der Vokal-Kunst - und zeitlos schön.
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