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Jahrzehntelang hatten die Pop-Art-Werke an den Wänden der Spielbank Aachen gehangen, bevor sie 2009 im Kellertresor verschwanden. Sogar als Anfang September das Auktionshaus Christie's bekanntgab, dass die indirekt dem Land NRW gehörende Casino-Gesellschaft Westspiel die Werke versteigern lassen werde, blieb es ruhig. Dabei war klar, dass Westspiel mit den erhofften 100 Millionen Euro Erlös sein defizitäres Casino-Geschäft sanieren will.
Dass die Versteigerung heikel werden könnte, hatten das Land und Westspiel wohl geahnt. Westspiel engagierte eigens für Anfragen zu den Warhol-Verkäufen einen Pressesprecher. Dagegen hüllten sich das NRW-Finanzministerium und die NRW.Bank, deren Tochter Westspiel ist, wochenlang in Schweigen.
Erst dann wachten die Kunstszene sowie die Politik in Nordrhein-Westfalen und im Bund auf. Die Bombe ging mit Spätzünder hoch, als Vielen bewusst wurde, dass erstmals millionenschwere Kunst aus einem landeseigenen Unternehmen auf den gierenden internationalen Kunstmarkt geworfen werden soll.
Inzwischen ist die Stimmung so brenzlig, dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) persönlich erklärte, warum sie den Verkauf nicht verhindern könne, und versprach, dass die rot-grüne Landesregierung keine Kunst aus direktem Landesbesitz verkaufen wolle, um damit Haushaltslöcher zu stopfen.
Denn 26 namhafte Museumschefs in NRW hatten in einem Protestbrief vor einem Tabubruch gewarnt. Von einer «Grauzone» des Kunstverkaufs, die nicht rechtlich abgedeckt sei, spricht die Direktorin des Mönchengladbacher Museums Abteiberg, Susanne Titz. Denn Westspiel ist, so schreibt es auch Regierungschefin Kraft, ein «rechtlich selbstständiges, bilanzierendes und wirtschaftlich agierendes Unternehmen», das Investitionen «aus eigener Kraft oder vorhandenen Vermögenswerten» bestreiten müsse. So hat Westspiel jetzt das Kunst- Kapital aus dem Keller geholt, will eine «stille Reserve» heben.
Die Museumschefs befürchten Schlimmes: «Es wird ein Präzedenzfall geschaffen, dem Kommunen, öffentliche Unternehmen und Gesellschaften und Zukunft folgen könnten», schreiben sie. «Damit wäre der öffentliche und auch der Museumsbesitz nicht mehr sicher.»
Bereits in der Privatwirtschaft hatte Eon ein Exempel statuiert: Der unter Spardruck stehende Energiekonzern trennte sich von einem Filetstück seiner Firmensammlung. Das Bild von Jackson Pollock wurde aus dem Düsseldorfer Museum Kunstpalast entfernt und versteigert. Mit dem Erlös soll der Kunstpalast zumindest weiterfinanziert werden.
Noch offen ist, was mit der Kunstkollektion der 2012 nach Milliardenverlusten zerschlagenen WestLB geschehen wird. Die Sammlung mit Werken der Zero-Künstler sowie von Joseph Beuys oder Gotthard Graubner befindet sich jetzt im Eigentum der Nachfolgegesellschaft Portigon AG, die wiederum dem Land NRW gehört. «Eine Entscheidung über die weitere Verwendung wurde noch nicht getroffen», hatte es vor einigen Monaten geheißen.
Die Aachener Elvis- und Marlon Brando-Bilder seien niemals nur «Deko» fürs Casino gewesen, sondern sie gehörten zur «Sammlungsgeschichte» des Landes NRW, schreiben die Museumsleiter. Die Versteigerung komme einem «Bewusstseinsverlust» gleich. Ein gesteigertes Interesse an den beiden Warhol-Werken hatten die NRW-Museen aber offenbar nicht.
Seit Jahrzehnten habe kein Landesmuseum nach einer Ausleihe dieser Werke gefragt, sagt Westspiel-Sprecher Schramm. Dabei waren die beiden Bilder durchaus auf Reisen gegangen. Noch 2009 hatte der «Triple Elvis» in einer Ausstellung im Grand Palais in Paris gehangen; die «Four Marlons» waren Anfang der 2000er Jahre in einer hochkarätigen Warhol-Retrospektive in Berlin, London und Los Angeles gezeigt worden.
Ganz verzichten muss NRW auf Warhols Elvis-Bilder übrigens nicht. Im Museum Ludwig in Köln hängt zwar keine dreifacher, aber wenigstens ein «Double Elvis» in Cowboypose, die Pistole im Anschlag.
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