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Das Museum zeigt von Freitag an fast vergessene Farbfotografien aus den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Es sind Aufnahmen, die in ihrer Ästhetik nahezu an Gemälde erinnern.
Viele Bilder der Ausstellung «Die Welt um 1914 - Farbfotografie vor dem Großen Krieg» stammen aus dem Archiv von Kahn. Er beginnt 1909, bis zu vier Fotografen gleichzeitig in fremde Länder zu schicken. Sie sollen die Welt in Farbe festhalten, das ist damals noch nicht lange möglich. Kahns Dokumentation sei das «wohl ambitioniertestes Foto- und Filmprojekt der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg», heißt es in der Schau, «wenn nicht der ganzen Fotogeschichte».
Mit seinen Bildern reisen die Museumsbesucher von Wien über den Balkan in die Türkei, vorbei an einem albanischen Jungen in Tracht oder schlafenden Menschen vor einer Moschee. Die Aufnahmen führen zu einem bärtigen Mann in Paris, nach Irland, zu mongolischen Hütten und der Chinesischen Mauer. Die zunehmende Fremde bringt auch mehr Farbtupfer: Zu sehen sind ein Elefant mit orangeroter Decke 1913 in Indien und ein buddhistischer Lama in Peking.
«Albert Kahn hatte eine Friedensmission», erklärt Sievernich. Der Bankier habe geglaubt, dass er - wenn er die Welt in Fotografien festhält - die Verständigung zwischen Fremden und den Frieden fördern könnte. Seine Fotografien auf Glasplatten führte er mit einem Projektor in seiner Villa vor. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. und der japanische Tenno sollen in dem kleinen Kinosaal gesessen haben, wie einer der drei Ausstellungskuratoren, Rolf Sachsse, erklärt.
Die Bilder aus der Anfangsphase der Farbfotografie zeigen Motive, die man aus der heutigen Bilderflut längst kennt, zum Beispiel aus dem Internet oder von digitalen Urlaubsfotos. Aber die Aufnahmen wirken doch neu aufs Auge - vielleicht durch die eigenwillige Farbgebung und das nicht ganz Scharfe.
Das zeigen auch die beiden anderen Projekte in der Schau: Der Berliner Chemiker Adolf Miethe (1862-1927) lichtete mit einem eigenen Verfahren deutsche Landschaften ab. Sein Assistent Sergej Prokudin-Gorski (1863-1944) macht später Farbaufnahmen vom Russischen Zarenreich. An Kahns Archiv kommt aber keiner heran.
Mit seiner Friedensmission hatte er keinen Erfolg. 1914 beginnt der Erste Weltkrieg. Seine Fotografen werden eingezogen, oft sollen sie nun Propagandabilder schießen. Die Berliner Ausstellung, die vom LVR-Landesmuseum Bonn entwickelt wurde, öffnet für das Publikum genau 100 Jahre nach der Kriegserklärung Russlands an Deutschland. Sie soll auch ein Gedenken sein und zeigt eine scheinbar friedliche Welt, die im Verschwinden ist. Auf einem Bild liegt eine Altstadt in Albanien bereits vom Balkankrieg in Trümmern.
Die Berliner Ausstellung läuft bis Anfang November und zeigt insgesamt rund 200 Aufnahmen. Mehr als die Hälfte davon stammt aus dem Nachlass von Kahn. Sein «globaler Bilderschatz», wie das Archiv auch genannt wird, ist noch wesentlich größer. Nach dem Ersten Weltkrieg kehrten einige seiner Fotografen zurück, wie Co-Kurator Sachsse erklärt. Bis 1930 entstehen rund 70 000 Aufnahmen und etwa 160 Kilometer Filmmaterial.
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