Chris Kraus über aufwändige Filmkulissen in «Poll»

Berlin/Hamburg (dpa)
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Das Historiendrama «Poll» hat bei der Filmpreis-Verleihung am Freitagabend in Berlin gleich vier Lolas abgeräumt.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erklärte Regisseur Chris Kraus («Vier Minuten»), wie er für den Film an der estländischen Küste ein gigantisches Haus auf Stelzen errichten ließ und wie lange die Dreharbeiten für das Werk über die Schriftstellerin Oda Schaefer vorbereitet werden mussten.

Wie schwierig war es, für «Poll» den geeigneten Drehort zu finden?

Kraus: «Ursprünglich wollte ich den Film auf dem Original-Gutshof drehen, der jedoch inzwischen renoviert worden ist. Da wir selbst in Polen, Finnland und der Sowjetunion keine geeigneten Gutshöfe finden konnten, haben wir schließlich in Estland gedreht, an einem einsamen Strand. Wir haben dort ans Ende einer Betonmole ein Haus gesetzt, das zu dem wahnsinnigen Balten passt, der dort 100 Jahre zuvor diesen Familiensitz gegründet hat. Da beim Dreh ständig 80 bis 90 Team-Mitglieder in diesem Haus versammelt waren, musste es sehr massiv gebaut werden. Wir haben daher die Granitplatte im Meer aufgebohrt, Beton hineingeschüttet und auf riesigen Baustämmen ein richtiges Schloss errichtet. Allein das Hauptmotiv hat uns rund eine Million Euro gekostet.»

Inwiefern hat der Erfolg von «Vier Minuten» bei der Realisierung dieses Projekts geholfen?

Kraus: «Wir hätten "Poll" niemals drehen können, wenn wir nicht für "Vier Minuten" den Deutschen Filmpreis bekommen hätten. Um diese halbe Million Euro Referenzmittel, die mit dem Preisgewinn verbunden waren, hat die Produktionsfirma die Finanzierung gestrickt. In den USA oder Frankreich sind aufwendige Produktionsvorbereitungen bei großen Projekten üblich, doch in Deutschland wird erst mit einem Filmvorhaben begonnen, wenn es vollständig durchfinanziert ist. Das ist für gewöhnlich erst wenige Wochen vor Drehbeginn der Fall. Zu dem Zeitpunkt als wir angefangen haben, das Haus zu bauen, wussten wir nicht, ob die Schlussfinanzierung überhaupt zustande kommt. Wir konnten das Haus nur bauen, weil die Produzenten bereit waren, alles dafür zu riskieren.»

Es waren sicher auch weitere, längere Vorbereitungen notwendig?

Kraus: «Zunächst mussten wir den Schauspielern wochenlang mit Hilfe eines Sprachcoachs den deutschbaltischen Dialekt beibringen. Jeanette Hain war gefordert, für ihre Rolle vier Monate lang Cello zu lernen. Neben dem Produktionsdesign und den Kostümen brauchten wir rund 100 Reiter, für die wir schon einige Monate vor Drehbeginn Stunt-Leute engagieren mussten, die mit ihren Pferden nach Estland kommen können.»

Interview: Birgit Heidsiek, dpa

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