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Das geht schon so seit dem Sturz von Präsident Salvador Allende und der Machtergreifung der Militärjunta mit Augusto Pinochet an der Spitze im Jahre 1973. Auch der demokratische Wandel seit 1989 hat dieses Problem nicht aus der Welt geschafft. Über diese Um- und Missstände berichtet der Film «Allendes Enkel», der an diesem Dienstag um 20.15 Uhr auf 3sat zu sehen ist.
Die Helden dieser Dokumentation sind allesamt Studenten, die - als letzte Schule landesweit - die Insuco-Schule in Santiago besetzt halten. Ihr Anführer ist der 17-jährige Felipe, der ausführlich zu Wort kommt: «Wir haben die Schule besetzt, weil hier einiges schiefläuft. Wir fordern die Freilassung aller Schüler, die friedlich demonstriert haben und deswegen festgesetzt worden sind. Wir befinden uns mitten im Kampf, wir wollen eine kostenlose Bildung für alle, und wir werden da sehr konsequent sein. Wir sind eine furchtlose Generation, die es mit allen aufnimmt, mit den Eltern, den Lehrern und mit der Polizei.»
Das sieht man dann auch. Es gibt drastische Szenen von Polizeieinsätzen, die mit Wasserwerfern gegen meist friedliche Studenten vorgehen. Die Brutalität ist schon erschreckend, und auch die aufgeheizte Stimmung ist es. So behauptet der aufgebrachte Felipe, dass sogar chemische Waffen gegen sie eingesetzt würden und der verhasste Schuldirektor versucht, alle seine Schüler zu kriminalisieren. Das ist vermutlich übertrieben, und etliche erzürnte Bürger stellen sich gegen die Schüler, die ihnen entschieden zu weit gehen mit ihrem Einsatz für ein zu verstaatlichendes Bildungssystem in Chile - auch wenn es als eines der teuersten und unsozialsten im weltweiten Vergleich gilt.
Autor und Regisseur Felix Schwarz hat einen sehr eindrücklichen Film gedreht über die Suche nach Anerkennung und nach solidarischer Beteiligung der Gesellschaft am Gemeinwesen. Er kommt ohne einen Sprecher aus und lässt dafür seine Protagonisten ausführlich zu Worte kommen.
Das führt naturgemäß dazu, dass seine Sympathien für die mutigen Schüler und ihr entschlossenes Handeln ganz offensichtlich zutage treten - was in Ermangelung der Aussagen von Lehrern oder Politikern eine gewisse Einseitigkeit erzeugt. Lediglich die Mutter von Felipe geht auf leichte Distanz zu ihrem Sohn. Zwar ist sie durchaus stolz auf ihn, bemängelt aber seine ungepflegte Kleidung und befürchtet, dass er festgenommen wird, sobald er volljährig ist. «Er sollte damit aufhören, dauernd zum Schulstreik aufzurufen», sagt sie. Das tut er schließlich auch, und seinen Abschluss macht er an einer anderen Schule.
Der Film zeigt klar, dass viele Familien in Chile einfach nicht in der Lage sind, die Hälfte ihres Monatsbudgets in die Schulgelder für ihre Kinder zu stecken, und dass Profitgier generell im Bildungssystem nichts zu tun haben sollte. Allerdings wird auch deutlich, dass das Land seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahre 1989 noch immer an den Überbleibseln der vorangegangenen Diktatur zu leiden hat - was auch der nachfolgende Film «Chile oder die Diktatur des freien Marktes» (3sat, 23.10 Uhr) zeigt. Für uns sind Demonstrationen relativ normal, in Chile erfordern sie schon einen gewissen Mut. Die Schüler haben ein klares Ziel - doch am Ende bleibt alles so, wie es ist. Vorerst zumindest.
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