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Der Thriller «Kühles Grab», den Vox am Samstag um 20.15 Uhr ausstrahlt, lebt neben pulstreibenden Psychospielchen auch von diesem tieferen Sinn.
Auf dem Gelände einer verlassenen Nervenheilanstalt in Boston wird ein unterirdischer Raum gefunden. Darin: sechs Frauenleichen. Mumifiziert in Säcken, in denen sich mit der Zeit gelblich-braune Körperflüssigkeit ? Ekel gehört zum Konzept - gesammelt hat. Die einzige Spur ist zunächst ein Medaillon mit der Inschrift «Annabelle Granger».
Eine junge, rothaarige Frau aber ist in dem Verlies nicht umgekommen. Sie lebt, und spaziert kurze Zeit später in das Polizeirevier und erzählt ihre Geschichte. Als Kind sei sie mit ihrem Vater ständig auf der Flucht gewesen ? ohne zu wissen, vor wem. Als sie wieder einmal Wohnort und Namen wechseln musste, schenkte sie ihrer besten Freundin Dori ihre Kette. Dori steckt in einem der Säcke.
Es ist ein Spiel mit Grausamkeiten und psychischen Erkrankungen, dem sich die Verfilmung des gleichnamigen Buches von Lisa Gardner bedient. Dabei ließe sich das Krimi-Mantra der nicht vorhandenen Zufälle durchaus erweitern: Überraschungen gibt?s nicht.
Denn «Kühles Grab» funktioniert mit so ziemlich allen 08/15-Psychothriller-Kniffen. Da gibt es Licht- und Schattenspiele in dunklen Höfen samt plötzlichem Schockeffekt, bedrohlich quietschende Eisentore, Gruselmusik und drastische Dialoge. So sagt die Überlebende eines ähnlichen, früheren Falles über ihren Peiniger: «28 Tage lang war er meine Hölle. Er hat mir Essen gebracht und Wasser, um mich nicht sterben zu lassen. Im Gegenzug hat er unvorstellbare Dinge mit mir angestellt.»
Das erscheint alles abgegriffen, ist demjenigen, der sich gruseln möchte, aber vermutlich eher egal. Denn die bewährten Psychotricks funktionieren bis hin zum Ende. Bei dem hilft schließlich auch der Zufall ? Verzeihung, der tiefere Sinn. Und der Mörder ist immer...
Garniert wird der harte Tobak mit einer seichten Kollegen-Romanze. Die eigenbrötlerische Ermittlerin Warren (Carla Gugino) - die so verschlossen ist, dass der Zuschauer nicht einmal ihren Vornamen erfährt - hat Alex Wilson (Mark-Paul Gosselaar) ins Team berufen. Der sieht dem zweiten Partner, Bobby Dodge (Kevin Alejandro), etwa so ähnlich, wie sich auch die Opfer des Serienmörders gleichen.
Und genauso wie Bobby steht auch er auf seine Chefin, die er mit ebenso unbeirrter wie dümmlicher Selbstsicherheit umgarnt: «Ich bin einer der besten Tatortanalytiker. Punkt. Keine Angeberei, Tatsache. Und Sie sind für mich ein Tatort.» Welche Frau würde bei solchen Vergleichen, zumal im Kontext dieses Falles, nicht schwach?
Trotzdem: «Kühles Grab» erfüllt seinen Zweck. Was der Zuschauer erwarten darf: einen temporeichen und spannenden Thriller. Was es nicht erwarten darf: Raffinesse.
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