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Dieses Labyrinth von Gassen und Leitern hat der deutsche Fotograf Torsten Andreas Hoffmann in einer Serie von vier Aufnahmen festgehalten.
Auf der Wand gegenüber das absolute Gegenteil, eine Idylle: Die Großstadt ist nur am Rande des anderen Ufers zu sehen, im Vordergrund verweilen einsame Menschen oder ein Pärchen am Fluss Han, der durch die südkoreanische Megacity Seoul fließt. Ein Zufluchtsort für die 26 Millionen Einwohner, um den wogenden Menschenmassen zu entkommen. Joel Micah Miller hat diese Szenen aufgenommen, ein amerikanischer Fotograf.
Beide Serien hängen im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt. »Nachbarschaft« heißt das Thema, unter dem jetzt 28 Fotografen je vier Aufnahmen zeigen, mit einer Maximalgröße von 40 mal 30 Zentimetern. So lautet das Reglement des Europäischen Architekturfotografie-Preises, der alle zwei Jahre verliehen wird. Freilich ist der seit 1995 ausgelobte Preis längst nicht mehr auf Europa beschränkt. Dieses Mal haben sich 264 Fotografen aus 14 Ländern beworben, von Australien bis in die USA, von der Schweiz bis nach Japan.
Proteste wegen Gezi-Park
Hoffmann und Miller haben für ihre Aufnahmen jedoch nur lobende Anerkennungen bekommen. Den ersten, mit 4000 Euro dotierten Preis hat Petra Gerschner erhalten für ihre Serie über den Gezi-Park in Istanbul, einen der wenigen innerstädtischen Grünflächen der bevölkerungsreichsten Stadt der Türkei. Vor knapp zwei Jahren kam es in Istanbul zu landesweiten Protesten, als der Park mit einer Shopping Mall bebaut werden sollte. Aber bald wurde es wieder still um das Projekt, nachdem die Proteste niedergeknüppelt worden waren.
Doch die deutsche Fotografin zeigt nichts von diesen dramatischen Ereignissen, sie erzählt in vier verschiedenen Bildern eine kleine Geschichte. Zuerst läuft in einer Hotellobby ein Fernseher mit Berichten über die Proteste, gefolgt von einem Blick nach oben auf ein Hotel, von wo wiederum Neugierige auf die Protestler schauen. Das dritte Bild zeigt verbrannte Bautafeln, das vierte Bild ein Porträt von Mustafa Kemal Atatürk, des ersten Präsidenten der türkischen Republik, der auch den Gezi-Park anlegen ließ. Gerschner vermittelt uns verschiedene Sichtweisen auf das Geschehen, mediale und individuelle. Sie geht ganz anders an ihr Thema heran als Miller und Hoffmann, die ein Motiv in vier Bildern variiert haben.
Beabsichtigt aber ist, dass sich die Ausstellung nicht nur um Häuser dreht. Der auslobende »Architekturbild«-Verein will »eine stärkere künstlerische Beschäftigung mit gebauter Umwelt anregen«, meint Vereinschefin Simone Hübener. So haben viele Fotografen das Thema wörtlich genommen und stellen die weniger erwünschten Nachbarn vor. Etwa den BND, der sich dreist am Rande eines Fußballplatzes niederlässt, in der Nähe von Wohnsiedlungen oder einzelnen Gehöften - aufmerksam dokumentiert von Lutz Sternstein. Auch der nah am Eigenheim wachsende Wald wird nicht immer nur als romantisch wahrgenommen, wie Ulrike Manestar zeigt. Ungewöhnliche Nachbarn stellt auch Walter Oczlon vor, dicke Betonpfeiler, auf denen eine Brücke steht. Die Bewohner sehen die Brücke, aber nicht die Autos, die sie hören - lärmende und ungeliebte Nachbarn. Weitere Serien widmen sich kuriosen Doppelhaushälften in Belgien und Frankreich oder einem Neubaugebiet in Deutschland, das gesichtslos wirkt in seinem Schwanken zwischen Bauvorschriften, wenig Individualität und dem Vorbild des Nachbarn, dem aber nicht jeder und immer nacheifern will.
bBis 9. August im Frankfurter Architekturmuseum; geöffnet Dienstag und Donnerstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, Mittwoch 11 bis 20 Uhr. Katalog 24,80 Euro.
Christian Huther
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