Sie verschönt urbane Plätze und leitet als Vorstandsfrau den von ihr 2009 gegründeten Verein »Kunst im öffentlichen Raum« (KÖR). 30 Künstler sind hier engagiert.
Straßenmusikanten gehören seit langem zum Erscheinungsbild einer Stadt. Straßenkünstler hingegen sind noch Exoten. Zumal in Würzburg, sagt Manou: »Also im ländlichen Raum.« Das meint die gebürtige Gerolzhofenerin nicht einmal despektierlich. Schließlich hat sie sich bewusst dafür entschieden, in Unterfrankens Metropole zu wirken. Aber ein wenig mehr Offenheit gegenüber ungewöhnlichen Kunstformen, das würde sich die Künstlerin schon wünschen.
Gegen die Monopolstellung
Ihr Verein wendet sich explizit gegen die Monopolstellung des etablierten Kulturbetriebs. Andere Zeiten, so Manou Wahler, erfordern nun mal andere Kunstformen. Wie anders Kunst sein kann, das soll im Herbst in Würzburg beim ersten »Anti-Depressiva-Festival« mit Jo und Eduard von KÖR gezeigt werden. Die beiden Berliner Studenten haben sich dem Straßentheater verschrieben. Andere KÖR-Mitglieder sind als bildende Künstler, Streetdancer oder Plastiker im öffentlichen Raum aktiv. KÖR organisiert für sie Events, die den Gedanken »Street Art« transportieren. So klinkte sich der Verein in die Aktion »Würzburg liest ein Buch« zum Gedenken an Leonhard Frank ein. Zwölf Street Artisten gestalteten an der Würzburger Leonhard-Frank-Promenade entlang des Mains zwölf Säulen aus Ölfässern. Jeder Künstler thematisierte eine andere Passage aus Franks »Die Jünger Jesu«. Bis 20. April sind die Werke noch entlang des Mains zu sehen. Street Art transformiert den Blick auf die Stadt und will den Alltag aufbrechen. »Jo und Eduard möchten in ihrem Straßentheater zum Beispiel für einen Moment die Zeit anhalten«, erzählt Manou. Sie werden Passanten auf ihrem Gang durch die Stadt bewusst in den Weg treten. »Leute, macht euch locker!«, lautet die Botschaft der Anti-Depressiva-Aktivisten. Ist euer ständiges Gerenne wirklich nötig? Oder führt es nicht früher oder später in den Burnout? Mit genervten Reaktionen auf ihre Aktion müssen die Berliner Street Artisten ebenso rechnen wie Manou Wahler, die schon manches Mal mit ihrer Häkelkunst aneckte. Street Art provoziert nun mal durch ihr bloßes Vorhandensein. Street Art ist prinzipiell kostenlos, weil sie die Künstler nicht von Geld korrumpieren lassen wollen. Aber natürlich muss auch »Missmanou« Geld verdienen. Das tut sie mit Kunst, die sie in ihrem eigenen Laden »Herr Pfeffer« in Würzburg verkauft. Seit 2009 betreibt Wahler »Herrn Pfeffer« zusammen mit der Würzburger Gestalterin Julia Bruns.
Sorgenkatze und Sticker
Bei »Herrn Pfeffer« gibt es zwischen Kram und Kunst allerhand zu kaufen, was die Studentenbude verschönt: Witzige Taschen, Teller und Stofftiere. Ein Großteil der Waren ist von Manou Wahler gefertigt. Die Sorgenkatze etwa oder der Fuchs Zorro. Oder auch die - nicht nur - für den öffentlichen Raum bestimmten Sticker.
Street Art ist mehr als Kosmetik für hässliche Ecken einer Stadt. Das gilt umso mehr, je mehr es in einer Gesellschaft brodelt. In Ägypten zum Beispiel gehört Kunst im öffentlichen Raum zur Revolution. Auch in Griechenland schwimmt Street Art gegen den Strom der veröffentlichten Meinung.
Zwischen anspruchsvoll, schräg und trashig ist Street Art eine Erscheinung, die sich festen Definitionen entzieht. Manou Wahlers Straßenkunst zu Beispiel ist, rein inhaltlich, keine Spur provokativ. Manche finden sie regelrecht kitschig. Was für Manou Wahler okay ist. Als KÖR-Vorstand geht es der jungen Künstlerin vor allem darum, die Vielfalt von Street Art zur Geltung zu bringen. Das soll auch beim zweiten Street Meet im Herbst in Würzburg geschehen. Internationale Urban-Art-Künstler werden in einer Art »Kunstgasse« während des Straßenmusikfestivals zeigen, was Street Art alles sein kann.
Pat Christ
Zur Person: Manou Wahler
Manou Wahler (33), auch »Missmanou« genannt, studierte bis 2004 Kunstethnologie in Bayreuth, Cotonou und Kapstadt. Danach arbeitete sie bis 2008 als »eccentric marketing manager« und freischaffende Künstlerin im südafrikanischen Kapstadt. Von 2008 bis 2009 lebte sie als freischaffende Künstlerin und Kuratorin auf Hawaiii. Seit 2009 ist sie Mitinhaberin des Kunstladens »Herrn Pfeffer« in Würzburg. Im selben Jahr erhielt Manou Wahler den »Preis für junge Kultur« der Stadt Würzburg. Das Preisgeld von 1000 Euro investierte sie in den Verein »Kunst im öffentlichen Raum« (KÖR), den sie im Februar 2009 gegründet hatte. (Pat Christ)