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Kabarett: Vorpremiere von Max Uthoffs Programm »Oben bleiben« in der Obernburger Kochsmühle - Meister der glasklaren Sprache Sehnen nach Wahrnehmung

Obernburg 2 Min.

Nähert sich gern der Schmerzgrenze des intellektuell Erträglichen: Max Uthoff in der Obernburger Kochsmühle.
Foto: Marc Heinz

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Man muss sich nicht hustend und mit schleimigem Auswurf in ein Opernhaus setzen, um wahrgenommen zu werden. Man kann sich auch anderweitig einen schönen Abend machen, wenn es sich dabei nicht gerade um Kabarett handelt.
Dieser Meinung ist der messerscharf analysierende und mehrfach ausgezeichnete bayerische Kabarettist Max Uthoff in der Vorpremiere von »Oben bleiben« am Samstag in der Obernburger Kochsmühle. Auch wenn er sich selbst noch nicht oben sieht - also am Ziel seiner künstlerischen Laufbahn, wenn es das überhaupt gibt: So schreibt der Titel seines neuen Programms doch zumindest vor, dass etwas oben ist, um dort bleiben zu können. Und wenn das bloß die nordafrikanischen Flüchtlinge sind, die an den Südgrenzen Europas anstranden und nicht an die Barhocker der Wohlstandsgesellschaft gelassen werden.
Der Fast-Rechsanwalt Uthoff - denn ein abgeschlossenes Jurastudium hat er vorzuweisen - ist ein Zahlenjunkie und Sprachakrobat. Er baut Zufälle haarklein zusammen, bis daraus Schicksale werden und aus zahllosen Statistiken macht er spitzzüngige Pointen. Seine stechenden Blicke wirft er wie Dartpfeile ins Publikum und sein süffisantes Lächeln steckt voller Ironie. Schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, schwarzer Humor: Das ist Uthoffs moderner Dreisatz.
Der Wortkünstler und seine Zuhörer: Beide Seiten sind hoch konzentriert, beide immer darauf bedacht, die perfide Komik in den fein geschliffenen Sätzen aufzuspüren. Mit geschickten Links-rechts-Kombinationen verteilt Uthoff seine Gedankenbälle, schlägt präzise Flanken vom Ikea-Du zur Facebook-Fangemeinde und spielt mit reichlich Zynismus einen politischen Gegner nach dem anderen aus. Als einzigen Politiker, der »eine win-win-Situation vermasselt« lässt er nicht nur Guido Westerwelle alt aussehen, sondern auch Heiner Geißler, der ein Gesicht hat, »mit dem er bei der Basler Fasnacht Dämonen austreiben kann«.
Das neue Programm hätte statt »Oben bleiben« wohl besser »Sehnsucht nach Wahrnehmung« heißen sollen, denn alles dreht sich darum, wie wir uns selbst oder unsere Mitmenschen sehen. Uthoff ist sich sicher, dass Frauen selbst dann nicht erkennen würden, im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen 20 Prozent weniger Lohn für dieselbe Arbeit zu bekommen, wenn man es in der Größe von Autobahnschildern am Straßenrand platzieren würde. »Gott nimmt dich immer wahr, also glaube!« Mit elitärem Blick schaut er auf den gemeinen Bildzeitungsleser, der sich lieber desinformieren lässt und schreit ihn desillusioniert an: Warum?! Keine Reaktion, selbst wenn er ihm das eingerollte Schundblatt auf dem Rücken in Stücke schlägt.
Die Warnhinweise zur Partnerwahl gehören zum stärksten Teil des neuen Programms. Uthoff rät, sich nicht auf einen Spanier einzulassen, ohne an seine Pro-Kopfverschuldung zu denken: »Für einen Bremer bekommen Sie fast schon zwei Spanier, aber mit einem Finnen machen Sie die beste Partie.«
Mit einer glasklaren Sprache, »mit der man Völker überfallen könnte«, versteht es der Preisträger des Obernburger Mühlsteins (2009), »der Seele zur Abwechslung auch mal ein Honigbrot zu schmieren« und er weiß genau, dass es auch bei Selbstgesprächen »auf die Qualität des Gesprächspartners« ankommt. Nach weiteren gezielten Faustschlägen in die Magengrube des guten Geschmacks schließt Uthoff sein Programm mit einem Highlight: der lyrischen Umschreibung von Angela Merkel. Marc Heinz
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