Der gebürtige Allgäuer ist der vierte Künstler, der von Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Christianne Weber-Stöber von der Gesellschaft für Goldschmiedekunst diese Auszeichnung bekommt.
Goldschmied durch Zufall
Ins Leben gerufen wurde der Titel im Jahr 2004 auf Anregung der Gesellschaft für Goldschmiedekunst, die den Stadtgoldschmied betreut. Von der Staatlichen Zeichenakademie bekommt er den Arbeitsplatz, das Goldschmiedehaus stellt die Räumlichkeiten für die Ausstellung zur Verfügung. Den finanziellen Rahmen schafft die Stadt Hanau. Dass Fritsch Goldschmied wurde, hat er dem Zufall zu verdanken. »Ich wollte eigentlich schnitzen«, sagt er. Aber in seiner Heimatstadt Sonthofen hatte er keine Lehrstelle gefunden. Seine Mutter machte ihn auf den Beruf des Goldschmieds aufmerksam. »Ich habe mich dann in der Goldschmiedeschule angemeldet und wusste schon sehr bald, das ist Liebe auf den ersten Blick«, erinnert sich der Künstler.
1994 hatte Fritsch seine erste Einzelausstellung. In seiner Präsentation zeigt er einen glitzernden Conger-Aal in einer Glasvitrine. »Den habe ich mit Ringen bestückt«, erklärt Fritsch. Für seine ersten Arbeiten nahm er nämlich ganz einfachen Modeschmuck und wertete diesen mit edlen Elementen auf - zum Beispiel angeklebte Goldklumpen. »Ich habe diese billigen Ringe mit Gold manipuliert, das war ein Schock für die Kunstwelt«, lacht er. Fritsch war damals der erste Künstler, der konventionellen Schmuck ernst genommen hat.
Zwar sind die Ringe alle tragbar, aber viel lieber möchte man sie sich anschauen und in den faszinierend-seltsamen kleinen Details verlieren, die Fritsch geschaffen hat. Nicht nur Modeschmuck, auch ausgediente, alte Ringe wertet Fritsch neu auf. »Da kommt dann schon mal ein Verlobungsring mit Steinsalat heraus«, sagt er. »Normale« Fassungen für Steine an Ringen findet er ohnehin konturlos. Statt einen Diamanten normal anzubringen, kreiert er lieber einen kleinen »Haufen« der glitzernden Steinchen und setzt sie in die Mitte des Rings.
Damit seine Ringe auch in großen Ausstellungen nicht zwischen den anderen Exponaten untergehen, hat Fritsch sich kleine »Landschaften« für die Schmuckstücke ausgedacht und sie auf Plastilin gesetzt. So bekamen sie einen eigenen, ansprechenden Rahmen.
Fritsch arbeitet auch mit genrefremden Künstlern. So hat er zum Beispiel für eine Installation mit Francis Upritchard in London 2006 Faultieren seine Ringe aufgesetzt. »Das bizarre, morbide Ergebnis hat auch Künstler angesprochen, die sich nicht für Goldschmiede interessieren.« Manchmal haben seine Ringe auch Themen. »Die 7 Todsünden« hat er für eine Ausstellung im Pforzheimer Schmuckmuseum geschaffen. Die »Habgier« arrangierte er als sechs Feingoldbarren verschiedener Art, Länge und Breite, den »Neid« als sich um den Ring windende böse Schlangen. Auf der »Wollust« sind glatte, signalrote Korallen montiert. Beinahe obszön ragen sie zu allen Seiten aus dem Ring.
Von der Natur inspiriert
Fritsch arbeitet intuitiv, lässt sich aber auch von der Natur inspirieren. Für »Metrosideros Robusta« nahm er sich das Nordinsel-Eisenholz zum Vorbild, eine bekannte Baumart in Neuseeland. Der Baum wächst zunächst als Aufsitzer auf anderen Bäumen, bildet aber bald Luftwurzeln aus und wächst dabei allmählich um seinen Wirt herum, so dass dieser in vielen Fällen letztendlich stirbt und sich der Baum über die ausgebildeten Wurzeln eigenständig versorgt.
Für Fritschs Ringe bedeutete dies, dass die Steine auf den Schmuckstücken aussehen sollten, als wüchsen sie aus dem Ausgangsmaterial heraus. »Dass diese Eigenart der Natur so gut zu meiner Arbeit passt, habe ich durch Zufall herausgefunden«, meint Fritsch.
Karl Fritsch wird noch bis zum 31. Juli in Hanau sein. Im Sommer 2012 wird es im Goldschmiedehaus eine Sonderausstellung mit seinen Kunstwerken geben.
Miriam Schnurr
Hintergrund: Karl Fritsch und der Hanauer Stadtgoldschmied
Karl Fritsch wurde 1963 in Sonthofen im Allgäu geboren. Von 1982 bis 1984 besuchte er die Goldschmiedeschule in Pforzheim. Ab 1987 studierte er sechs Jahre an der Akademie der Bildenden Künste in München. Das Studium schloss er 1994 mit dem Diplom ab. Seit 2009 lebt er mit seiner Frau in Neuseeland.
Seine Arbeiten in öffentlichen Sammlungen sind auf der ganzen Welt zu sehen, so zum Beispiel in der Pinakothek der Moderne in München, im Metropolitan Museum of Art (New York), in der Hiko Mizuno Collection in Tokio oder im Victoria & Albert-Museum in London.
Karl Fritsch ist der vierte Künstler, der seit 2004 zum Hanauer Stadtgoldschmied ernannt wurde. Zu seinen Vorgängern gehören Rudolf Bott aus Neuburg an der Donau, der junge japanische Schmuckkünstler Jiro Kamata und zuletzt die Belgierin Hilde de Decker, die im vergangenen Jahr umfangreiche Schmuck-Installationen im Goldschmiedehaus gezeigt hat. (mir)